Ein Welpe zieht ein
Die Entscheidung für die Adoption eines Hundes und insbesondere eines Welpen ist eine aufregende Angelegenheit. Immerhin holen Sie sich einen Gefährten ins Haus, der Sie sehr lange begleiten wird und für den Sie bis zum Ende die Verantwortung tragen. Welche Gedanken Sie sich im Vorfeld machen sollten und wie der Einzug eines Welpen reibungslos klappt, erzählt Claudia Rieker.
Erwartungen an das Hundekind
Es ist sehr sinnvoll, sich darüber klar zu werden, was Sie eigentlich von Ihrem zukünftigen Hund erwarten. Soll er einen immer begleiten, vielleicht auch ein Bürohund werden? Oder möchten Sie einen Hund, der ein hervorragender Sportbegleiter ist?
Je nach Ansprüchen oder Vorstellungen des zukünftigen Hundemenschen kann es auf ganz unterschiedliche Rassen oder Hunde hinauslaufen. Das Schöne ist, es gibt Hunde in allen möglichen Größen und Variationen, da ist buchstäblich für jeden Topf der richtige Deckel zu finden. Was man aber immer bedenken sollte: Es sind Lebewesen und es kann einem durchaus passieren, dass die Vorstellung des gemeinsamen Lebens und die Realität am Ende nicht deckungsgleich sind. Jeder Hund bringt, neben seiner Rasseeigenschaft, auch einen eigenen Charakter mit. Da kann es sein, dass der Jagdhund keine Freude am Dummytraining hat oder der Border eher wenig Lust verspürt, seinen Menschen beim Agility glänzen zu lassen. Dafür hat er dann aber sicher andere Qualitäten, die es herauszufinden und im besten Fall zu fördern gilt.
Gedanken vor dem Einzug
Haben Sie sich für einen Hund entschieden und den richtigen Züchter gefunden, beginnt die Zeit des freudigen Wartens. Vielleicht haben Sie die Möglichkeit, das kleine Fellkind bereits ein paar Mal beim Züchter besuchen zu können. Wenn dies der Fall ist, ist es sinnvoll, ein getragenes T-Shirt oder eine Decke mitzubringen, die Sie ein paar Nächte bei sich im Bett hatten. So kann der Zwerg sich bereits an den Geruch seines künftigen Menschen gewöhnen.
Die Zeit bis zum Einzug gilt es klug zu nutzen, um das neue Refugium welpensicher zu gestalten. Hier sollten Sie mit offenen Augen durch die Wohnung oder das Haus gehen. Je nach Neugierde und Charakter des Tieres können sehr viele Dinge in Mitleidenschaft gezogen werden. Teppiche, Stuhl- und Tischbeine sowie der Papierkorb sind nur ein paar der Dinge, die unwiderstehlich scheinen. Um den Welpen nicht in Versuchung zu führen und das gemeinsame Leben nicht gleich mit einem ständigen „NEIN!“ beginnen zu lassen, ist es ratsam, spannende Dinge aus dem Aktionskreis des Kleinen zu entfernen. Es gibt einige Hilfsmittel aus dem Kinderbedarf, die beim Einzug eines Welpen ganz nützlich sind. Tür- und Treppengitter verhindern das Betreten von Räumen, die tabu sind, und sorgen dafür, dass der Welpe nicht die Treppe herunterpurzelt. Kabelkanäle aus Kunststoff eignen sich, lose Kabel zu sichern. Alternativ kann eine Gummimatte darübergelegt werden oder Sie verkleben das Ganze am Boden mit Malerkrepp. Teppiche laden oft dazu ein, bepinkelt oder angeknabbert zu werden. Um dem vorzubeugen, entfernen Sie die Teppiche am besten für die Zeit des Großwerdens. Wenn der Hund durch seine „Knabberphase“ durch und stubenrein ist, können sie getrost wieder ausgelegt werden.
Auch der Garten sollte genau unter die Lupe genommen werden. Viele Pflanzen sind giftig. Da Welpen sehr neugierig sind und alles ins Maul nehmen, kann es eine Menge Stress rausnehmen, wenn man den Zugang zu giftigen Pflanzen verhindert. Hier eignen sich ineinander steckbare Welpengitter. Diese sind mobil und beliebig erweiterbar. Haben Sie Ihren Garten nicht eingezäunt, sollten Sie darüber nachdenken, dies zu tun, bevor der Welpe einzieht. Zumindest einen kleinen Teil, so dass der Hund später auch einmal unbeaufsichtigt rauskann, ohne dass Sie Sorge haben müssen, dass der Hund auf Wanderschaft geht.
Stubenreinheit
Unfälle passieren! Es ist wichtig, dass Sie nicht schimpfen und beim nächsten Mal gut darauf achten, wann der Welpe rausmuss. Foto: cunaplus - Adobe StockStubenreinheit ist eines der Themen, die viele frischgebackene Welpeneltern umtreibt. Auf die Frage, wann denn der Hund stubenrein ist, gibt es keine pauschale Aussage. Manche lernen es relativ schnell, andere brauchen bis zu 9 Monate, um „sauber“ zu werden. Ähnlich wie bei Kindern gibt es hier große Zeitspannen. Aber sauber ist bisher noch jeder Welpe geworden, manchmal braucht es einfach ein wenig mehr Geduld.
Wenn Sie einen eigenen Garten besitzen, ist es natürlich einfacher als in einer Mietwohnung. Sie suchen sich bereits vor dem Einzug eine geeignete Lösestelle, entweder im Garten oder in der näheren Umgebung. Dort bringen Sie den Zwerg nach jedem Essen, Schlafen und Spielen unverzüglich hin. Meist ist es hilfreich, den Welpen an der Leine zu halten, damit er nicht anfängt, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Sie können ihn alternativ auch auf den Arm nehmen und raustragen. Nach erfolgreicher Erledigung freuen Sie sich und loben ihn. Viele Welpen bevorzugen erst mal die gewohnte Umgebung, zum Beispiel den Garten, um sich zu erleichtern. Das ist normal, da sich der Hund hier sicher fühlt. Er ist gerade erst aus seiner gewohnten Umgebung in eine neue gebracht worden und zu Recht ein wenig misstrauisch, was ihn nun da draußen erwartet. Wenn der Welpe den Gassigang zum Lösen noch verweigert, hat das nichts mit Sturheit zu tun. Er ist schlichtweg überfordert oder gruselt sich ein wenig. Gassigehen soll ja keine Qual sein, sondern beiden Parteien Spaß machen. Wenn man ein klein wenig Geduld hat und den Welpen in seinem Tempo die Umwelt erkunden lässt, ist er schneller bereit, seinen Radius zu erweitern.
Das richtige Equipment
Holen Sie den Welpen vom Züchter bzw. der Züchterin ab, gibt es im Normalfall eine Erstausstattung wie Halsband/Geschirr und Leine sowie Spielzeug und das gewohnte Futter für die ersten Tage mit dazu. Meist gibt es auch noch eine Decke mit dem „Stallgeruch“, damit der Welpe sich nicht so allein fühlt. Wichtige Ausstattungen sind Näpfe für Wasser sowie Futter und vielleicht ein Körbchen. Der Rest ergibt sich von allein im Laufe der Zeit.
Der Schlafplatz
Sie sollten sich im Vorfeld am besten schon Gedanken über den Schlafplatz des neuen Familienmitglieds machen. Bei meinem ersten Hund Rumo war es so, dass er nachts in seiner Box war. Das war er schon vom Züchter gewohnt. Die Box stand neben meinem Bett. So habe ich gleich mitbekommen, wenn er unruhig wurde, und ich hatte Zeit, zu reagieren. Als Rala 5 Jahre später einzog, hatte Rumo bereits das Bett erobert und sie hat von Anfang an bei mir im Bett geschlafen. Eng an mich gekuschelt, da sie als Baby noch sehr viel Körperkontakt brauchte.
Jeder muss für sich selbst entscheiden, wo der Hund schlafen soll. Ich möchte Ihnen nur zu bedenken geben, dass Sie den Welpen gerade aus seiner gewohnten Umgebung geholt haben. Er weiß noch nicht, wo er gelandet ist, und da würde es ihm helfen, in der Nähe seiner Bezugsperson zu schlafen. Wenn der Hund nicht im Schlafzimmer erwünscht ist, können Sie Ihre eigene Schlafstätte erst mal dorthin verlegen, wo der Hund sich zukünftig aufhalten soll. Übrigens können Sie dem Hund auch beibringen, woanders zu schlafen, wenn er etwas älter ist. Oder der Hund geht von alleine und sucht sich seinen Platz selbst.
Die Abholung des neuen Welpen
Es ist so weit! Der Tag X ist endlich gekommen und Sie machen sich voller Freude auf den Weg zum:zur Züchter:in. Sie verstauen alle Dinge, die Sie vom wohlsorgenden Züchter bekommen haben und tragen den Welpen voller Stolz zum Auto. Für die erste Autofahrt ist es sinnvoll, den Welpen eng bei sich zu haben. Wenn er bislang immer mit seinen Geschwistern und der Mama unterwegs war, kann das direkte Verpacken allein in eine Box im Kofferraum dazu führen, dass der Welpe Angst bekommt. Je nachdem, wie weit der Weg ist, den Sie zurücklegen müssen, sollten Sie ausreichend Pausen einplanen. Am besten fahren Sie zur Pause nicht auf die nächste volle Raststätte, sondern steuern einen weniger besuchten Rastplatz an. Hier gehört der Hund unbedingt an die Leine! Auch ist es völlig normal, wenn der Welpe sich bei einer solchen „Pippipause“ nicht löst, weil alles viel zu aufregend ist. Eine saugstarke Inkontinenz-Einlage schützt den neuen Besitzer und die Polster vor eventuellen Unfällen.
Endlich daheim
Daheim angekommen, bringen Sie den Hund am besten als Erstes zu seiner Lösestelle. Wenn er dort sein Geschäft erledigt, freuen Sie sich mit ihm. Anschließend zeigen Sie ihm den Rest des neuen Zuhauses und lassen dem Welpen erst mal Zeit, alles zu erkunden.
Die ersten Tage verzichten Sie besser auf ein Empfangskomitee aus Verwandtschaft und Nachbarschaft, denn das könnte den kleinen Hund überfordern. Die ersten Tage sollten der Ruhe und des Kennenlernens gelten. Gerade in den ersten Tagen muss der Zwerg einiges verarbeiten. Deshalb ist es ratsam, nicht direkt mit dem vollen Programm aus Grundsignalen und Erziehung zu beginnen. Mit einem Welpen können Sie seine Umwelt ganz neu entdecken, wenn Sie sich darauf einlassen. Eine gute Portion Geduld gehört dazu und sich immer vor Augen halten, dass ein kleiner Hund schnell überfordert ist.
Auf Überforderung achten
Die Überforderung zeigt sich meist in den „wilden 5 Minuten“, die gern auch mal länger andauern können. Da fängt der Hund plötzlich an, scheinbar durchzudrehen, rennt wie von der Tarantel gestochen oder Gönnen Sie dem Welpen beim Spazierengehen gerne eine Pause und lassen ihn die Welt beobachten. Foto: LoloStock - Adobe Stockschnappt wild um sich. „Nach müde kommt blöd“ ist ein Spruch, der hier sehr gut passt. Ist der Welpe völlig übermüdet, sucht er sich ein Ventil. Welpen brauchen, ähnlich wie Babys, ausreichend Schlaf. Wer jetzt jeden Tag mit dem Hund ein volles Programm von 8 Stunden absolviert, könnte einen nervösen Hund bekommen, der langfristig schlecht zur Ruhe kommt. Weniger ist manchmal mehr!
Ruhe ist überhaupt ein Thema, das manchmal zu wenig beachtet wird. Immer noch wird so manches Mal geraten, den Welpen in möglichst kurzer Zeit alles kennenlernen zu lassen, was wichtig ist. Oft wird dabei übersehen, dass der Hund Stress hat, überfordert ist und das Ganze gar nicht vernünftig verarbeiten kann. In einer guten Hundeschule gibt es spezielle Welpengruppen und Erziehungskurse, die beim Start in das gemeinsame Leben sehr helfen können. Hier werden Hund und Halter:in gemeinsam geschult. Beide lernen, einander besser zu verstehen und zu einem Team zusammenzuwachsen. Von reinen Spielgruppen, in denen die Welpen wild durcheinanderspringen und 60 Minuten bis zum Umfallen spielen dürfen, rate ich ab. Welpenspiel sollte sich immer mit Ruhephasen und kleinen hilfreichen Übungen abwechseln. Die Trainer:innen sollten darauf achten, dass alle Welpen positive Erfahrungen machen. Dazu gehört auch, die Welpen nach Größe und Temperament in kleine Gruppen zu sortieren. Qualität statt Quantität!