Ein Welpe soll es sein. Doch was gibt es eigentlich alles zu bedenken und was verändert sich mit diesem neuen Familienmitglied? In einer dreiteiligen Serie erläutert Verhaltensbiologin Ariane Ullrich, was es zu wissen gilt, wenn ein Hund zuhause einzieht. Im ersten Teil geht es darum, wie man den richtigen Hund findet und sich sinnvoll vorbereitet.
Hunde gehören seit Generationen zum Menschen und gelten als sein bester Freund. Dennoch werden viele Hunde, die leichtfertig und unüberlegt angeschafft werden, zum Problem in der Familie. Denn die Anschaffung eines Hundes bedeutet das Vergrößern der Familie um ein Familienmitglied und verändert damit das Leben der Familie enorm. Deshalb sollte man sich schon vor der Anschaffung intensiv Gedanken machen, um zu prüfen, ob ein Hund in die Familie passt. Verschiedene Bereiche gilt es dafür abzuklopfen.
Alltägliche Veränderungen
Ein Hund macht bis zu einem bestimmten Grad abhängig. Er braucht Aufmerksamkeit und Beschäftigung, er muss regelmäßig nach draußen und er ist auch während des Familienurlaubs noch da. Es ist also wichtig, sich Gedanken zu machen, ob ein Hund grundsätzlich in den Tagesablauf passt oder nicht. Länger als 6 Stunden sollte ein Hund nicht regelmäßig allein bleiben. Er muss die Möglichkeit haben, sich lösen zu können und ausgelastet zu werden. Er muss rennen, spielen und schnüffeln dürfen und nicht zuletzt lernen können. Für den Urlaub muss eine Unterkunft gefunden werden, in der Hunde willkommen sind, oder wenn es gar nicht anders geht, eine andere Unterbringung für den Hund gefunden werden. Futterkosten, Hundesteuer, regelmäßige Impfungen und Vorsorge sind genauso einzuplanen wie eventuelle Erkrankungen oder Unfälle. Geklärt werden muss vorher auch, ob die Hundehaltung in der Mietwohnung überhaupt erlaubt ist. Ein Blick in den Mietvertrag hilft meistens. Dieser sollte aber tatsächlich vor der Anschaffung erfolgen.
Dachshunde (auch Teckel oder Dackel genannt) gehören zu den Jagdgebrauchshunden und bringen entsprechende jagdliche Eigenschaften mit. Foto: pixabay.comWelche Rasse soll es sein?
Natürlich schaut man zuerst einmal auf das Aussehen. Es gibt Hundetypen, die gefallen einem mehr, die anderen weniger. Ist ein Langhaarhund kuscheliger oder muss er auf jeden Fall Stehohren haben? Um mit dem Hund glücklich zu werden, ist die Optik auch wichtig. In erster Linie muss der Hund aber zur Familie bzw. seinem Halter passen. Bevor man sich also aus einem Rassebuch die hübschesten Hunde heraussucht, sollte man wissen, welcher Typ zu einem passt. Kennt man die Eigenschaften, die der zukünftige Hund haben soll oder eben auch nicht, dann gibt es in der Regel immer noch genügend Rassen, aus denen man nach Optik wählen kann.
Wie soll der Neue also sein: eher arbeitsamer Streber oder faule Couch-Potatoe? Hunde, die über Jahrzehnte für eine bestimmte Arbeit gezüchtet und selektiert wurden, benötigen eine entsprechende Auslastung, ihr Leben lang. Hütehunde beispielsweise, wie der Border Collie oder der Australian Shepherd, leben immer an der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn. Kann man darauf achten, dass der Hund nie überdreht, dass er lernt, Ruhe zu halten, sich nicht von Reizen überfluten zu lassen und ruhig und sauber zu arbeiten? Hat man vor, mit dem Hund intensiv zu lernen und seinem Arbeitswillen ein Leben lang Rechnung zu tragen?
Gesellschaftshunde wie der Mops und die Französische Bulldogge wiederum sind keine Hunde, die im Hochsommer per Mountain Bike durch die Berge touren. Auch sie brauchen Beschäftigung, aber diese unterscheidet sich von dem Auslastungsbedürfnis eines Arbeitshundes wie dem Boxer oder dem Deutschen Schäferhund. Der beliebte Beagle und auch der Dackel sind Jagdhunde, die gezüchtet wurden, sehr selbstständig zu arbeiten. Ist man bereit, viel Zeit zu investieren, ihren Bedürfnissen Rechnung zu tragen, damit sie auch ohne Leine ihr Leben leben können?
Nicht zuletzt sollte man die Hundeverordnung seines Bundeslandes kennen, um zu wissen, bei welchen Rassen eventuell weiterführende Regeln gelten. Es ist sinnvoll, in den Rassebschreibungen im Netz und in diversen Hundebüchern nachzulesen, welches Temperament die Rasse mitbringt. Aber Achtung, es gibt viele Hunde, die ihre Rassebeschreibung nicht gelesen haben, und man sollte sich dessen bewusst sein, dass diese Beschreibungen immer nur grobe Anhaltspunkte liefern.
Noch mehr erfährt man, wenn man mit Haltern der verschiedenen Rassen spricht oder sich die rasseinternen Diskussionen im Internet durchliest. Treten bestimmte Probleme oder Charaktereigenschaften gehäuft auf? Wird viel von einzelnen Krankheiten bei einer Rasse berichtet? Man erhält einen ungefähren Überblick über typische Eigenschaft en der Rasse durch reines Mitlesen.
Ein ganz praktisches Bild kann man sich machen, wenn man den Kontakt zu verschiedenen Züchtern sucht oder die Chance hat, an einer Rassewanderung teilzunehmen. Zuchtvereine bieten ab und zu Wanderungen an, an denen dann die Besitzer der entsprechenden Rasse mit ihrem Hund teilnehmen können. Hier sieht man viele Individuen einer Rasse und kann schnell erkennen, worin sie sich ähneln und auch unterscheiden.
Foto: pixabay.comZüchter oder Tierschutz?
Ist die Rasse entschieden, steht die Frage, ob es ein Hund vom Züchter, aus privater Verpaarung, dem Tierheim oder einer Tierschutzorganisation sein soll. Um sich hier zu entscheiden, muss man wissen, wie wichtig für das Wesen des jungen Welpen das Wesen der Eltern, die Zeit während der Trächtigkeit der Mutter und die ersten Wochen nach der Geburt sind. Problematische Charaktereigenschaften wie Ängstlichkeit können vererbbar sein, aber auch neu erworben werden. Hat die Mutter während der Trächtigkeit großen Stress, kann sich das negativ auf das Wesen der Welpen auswirken. Krankheiten während der Trächtigkeit oder auch nach der Geburt können ungünstige Entwicklungen begünstigen. Und nicht ausreichende Sozialisierungs- und Prägungsmöglichkeiten der Neugeborenen beeinflussen ebenfalls das Wesen des Hundes. Züchter, die einem Verein angeschlossen sind, unterliegen oftmals bestimmten Regeln der Zucht und müssen sich ein Grundwissen aneignen.
Aber auch die Besitzer einer ungewollt trächtigen Hündin können sich intensiv Wissen aneignen und den Welpen optimale Bedingungen bieten. Trächtige Hündinnen oder Welpen im Tierheim haben es oft schon schwerer. Der Stress in vollen Heimen, die Lautstärke und nicht immer eine Bezugsperson zu haben, erhöht das Risiko, Probleme zu entwickeln. Auch Welpen, die aus Mitleid aus dem Ausland hierhertransportiert werden, haben oft keinen optimalen Start. Ein mögliches Trauma durch den Flug, oft mals viel zu frühe Wegnahme von der Mutter oder der Tod derselben und auch eine Aufzucht als Einzelwelpe prägen den Welpen ein Leben lang. Nichts muss problematisch sein, alles kann gutgehen, aber es gibt Faktoren, die Risiken erhöhen oder senken und derer sollte man sich bei der Wahl seines Familienmitglieds bewusst sein. Die Anschaffungskosten sollten bei der Wahl der Herkunft nur eine untergeordnete Rolle spielen angesichts der möglichen anfallenden Kosten in 16 Jahren Hundehaltung.
Ein guter Züchter hat nur einen Wurf zur Zeit und hält die Hunde in seinem Haushalt. Die Welpen haben die Möglichkeit, ihre Umgebung zu erkunden, die Mutter ist immer dabei und es gibt immer wieder neue Dinge, die die Welpen kennenlernen kön-nen. Sie haben die Möglichkeit, nach draußen zu gelangen, und haben Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen. Ein guter Züchter impft und entwurmt seine Hunde und die Welpen und er kann zu jedem einzelnen Welpen etwas erzählen. In der Regel nehmen gute Züchter einen Welpen auch wieder zurück, sollte das aus unvorhergesehenen Gründen nötig sein. Hilfreich ist es auch, wenn die Familie, in die der Hund hineingeboren wird, ähnlich aufgebaut ist wie die, zu der der Hund kommen wird. Soll er beispielsweise in eine Familie mit Kindern kommen, ist es sinnvoll, wenn auch beim Züchter Kinder sind, so dass der Welpe diese anderen Menschen schon kennt.
Wer übernimmt welche Aufgabe? Hunde bedeuten ein hohes Maß an Verantwortung. Mitleid oder Niedlichkeit sind nicht die besten Berater beim Hundekauf. Foto: Marc Gutschner
Egal für welchen Hund man sich schlussendlich entscheidet, als nächstes gilt es, sich darüber im Klaren zu sein, wer die anstehenden Aufgaben übernimmt. Hierbei muss immer deutlich gemacht werden, dass ein Hund 15 Jahre und älter werden kann. Uns Eltern muss klar sein, dass ein jetzt 12-jähriges Kind in 2-3 Jahren eventuell ganz andere Interessen hat als den Hund. Die letzte Verantwortung haben immer die Eltern! Das neue Familienmitglied verändert den Tages-, Wochen- und Monatsablauf einer Familie. Und um späteren Streitigkeiten vorzubeugen, ist es sinnvoll, Aufgaben klar zu verteilen. Wer hat Interesse, mit dem Hund in die Hundeschule zu gehen, um selbst zu lernen und dem Hund anfangs in der Welpengruppe, später bei der Grunderziehung die Grundregeln des Zusammenlebens mit dem Menschen beizubringen? Wer übernimmt die täglichen Routineaufgaben, den Hund zu füttern, anfangs bis zu 4 Mal? Wer hilft beim Training der Stubenreinheit und geht alle zwei Stunden raus? Wer macht den längeren Morgenspaziergang, wer den Nachmittagsspaziergang und wer geht abends nochmal kurz raus? Wer bietet dem Hund einen Job und lernt mit ihm Tricks, Apportieren, Dinge suchen oder andere Beschäftigungen, die Hunde für ihre geistige Auslastung benötigen? Und wer fängt auf, wenn der Verantwortliche mal nicht kann? Je klarer die Aufgaben verteilt sind, desto geringer ist das Risiko späterer Streitigkeiten.
Foto: Robert HellDie richtige Hundeschule finden
Sobald der Welpe da ist, ist die Zeit der Sozialisierung nicht mehr lang. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, wenn man schon vorher weiß, welche Hundeschule man besuchen möchte. Sei es, um in der Welpengruppe alles zu lernen, was es mit einem Welpen zu wissen gibt, oder auch nur, um Probleme besprechen zu können, wenn sie auftreten. Im Internet findet man die Hundeschulen in der Umgebung und hat so die Möglichkeit, sich zu informieren. Gute Hundeschulen arbeiten ohne Gewalt und mit positiver Verstärkung, also mit dem Hund und nicht gegen ihn. Auf der Website sollte zu sehen sein, welche Grundlagen der Trainer/die Trainerin mitbringt. Steht eine solide Ausbildung/Weiterbildung dahinter oder handelt es sich lediglich um etliche Jahre eigene Hundehaltung? Qualitätskriterien bieten Hundeschulen, die sich dem BHV e.V. angeschlossen haben oder eine anerkannte Weiterbildung absolviert haben, wie bspw. bei der IHK. Zudem muss zu lesen sein, dass sie die Erlaubnis zum Trainieren nach dem Tierschutzgesetzt haben.
Trotz alledem ist der wichtigste Faktor die persönliche Sympathie. Bei seriösen Hundeschulen darf man sich eine Welpengruppe auch schon vor der Hundeübernahme anschauen, um so einen Eindruck zu bekommen. In der Welpengruppe sollten nicht mehr als maximal 8 Hunde sein. Es muss Möglichkeiten zum gemeinsamen Spiel geben, Fragen sollten zufriedenstellend beantwortet werden und die Atmosphäre sollte offen und freundlich sein. Wichtig ist vor allem, dass der/die Trainer/in das Verhalten der Welpen erläutern kann, um so jedem Welpenbesitzer inviduell helfen zu können.
Wie bereitet man sich vor?
Die Rasse ist ausgewählt, die Herkunftsadresse gefunden, eine Hundeschule gibt es und auch den Tierarzt hat man schon mal kennengelernt. Jetzt kann sich alles um den Neuzugang kümmern. Wenn die Möglichkeit besteht, sollte man mehrfach zum Züchter fahren, bevor man den neuen Welpen nach Hause holt. So bekommt man einen Eindruck der Welpen und der potentielle Welpe lernt seine neuen Halter schon früh kennen. Hilfreich ist es auch, wenn man ein benutztes Handtuch oder eine kleine Decke zum Welpen mitbringen kann. So kennt er von Beginn an den Geruch seines neuen Heimes.
In seinem neuen Zuhause benötigt ein Hund nicht wirklich viel. Auch wenn Werbung und Hundezubehörläden vorgaukeln, man müsste ein komplettes Haus neu einrichten, braucht der Welpe vor allem ein mitwachsendes Geschirr, eine Leine und eine Decke oder ein Körbchen, auf dem er schlafen kann. Das Geschirr sollte einen Bauch und einen Halsgurt haben sowie eine Steg, der beide miteinander verbindet. Es darf nicht scheuern und sollte möglichst überall verstellbar sein. Am besten ist es, wenn der Welpe das Geschirr schon beim Züchter kennengelernt hat und an das Tragen gewöhnt ist. Ein Halsband ist erst später nötig, wenn man es überhaupt braucht. Die Leine sollte leicht sein und lang genug, damit der Hund Platz hat, seine Umgebung auch an der Leine zu erkunden. 2-3 Meter passen hier perfekt. Eine Schüssel mit Wasser muss gut erreichbar den ganzen Tag zur Verfügung stehen und eine Futterschüssel darf natürlich auch nicht fehlen. Welches Futter der Hund bekommen sollte, entscheidet man natürlich auch vorher.
Wichtig ist, dass ein Welpe anderes, reichhaltigeres Futter bekommt als ein erwachsener Hund. Am besten ist es, wenn die Futterumstellung langsam erfolgt, falls es sich nicht um dasselbe Futter handelt, das der Welpe vorher gefressen hat. Hilfreich für den Welpen ist durchaus auch eine Box. Mit Stahlrohrrahmen und Stoffummantelung kann man dem Welpen damit einen Rückzugs- und Ruheort anbieten, den er braucht, um während der vielen Schlafphasen alle Eindrücke zu verarbeiten. Ist alles vorbereitet, kann man sich nun in Ruhe der Vorfreude widmen und sich durch die Berge an Literatur arbeiten, die es zum Thema Welpenerziehung gibt.
Ariane Ullrich ist studierte Verhaltensbiologin, Buchautorin, Referentin und Prüferin für die Weiterbildung zum Hundeerzieher/in und Verhaltensberater/in IHK. Sie lebt in Brandenburg bei Berlin und betreibt die Hundeschule und den Buchverlag MenschHund!, ein Seminarzentrum und einen Onlineshop.