Die Arbeit mit Hunden im Spannungsfeld von Lob und Strafe.
Der Arbeit mit Diensthunden kommt eine besondere Verantwortung zu. Die Qualität ihres Trainings kann großen Einfluss auf Erfolg und Misserfolg in der Polizeiarbeit haben. Dr. Leopold Slotta-Bachmayr hat die Methoden der Hundeausbildung bei der österreichischen Polizei studiert und die Anwendung von Lob und Strafe mit den Prüfungsergebnissen verglichen. Die Ergebnisse seiner Studie sind eindeutig.
Lob ist das Zuführen eines angenehmen Reizes oder das Entfernen eines unangenehmen Reizes, wodurch gewünschtes Verhalten verstärkt wird. Strafe ist im Gegensatz dazu das Zuführen eines unangenehmen Reizes oder das Entfernen eines angenehmen Reizes, wodurch unerwünschtes Verhalten abgeschwächt wird. Wesentlich dabei ist, dass durch Lob erwünschtes Verhalten verstärkt beziehungsweise durch Strafe unerwünschtes Verhalten abgeschwächt wird. Hinter dieser etwas spröden Definition verstecken sich demnach die Grundprinzipien zur Arbeit mit Hunden, mit deren Hilfe es uns möglich ist, den Hunden etwas beizubringen. Bevor wir uns allerdings mit Ausbildung und Erziehung von Hunden beschäftigen, müssen wir uns einmal klar werden, welche Formen von Lob und Strafen uns zur Verfügung stehen. Dabei müssen wir uns vor allem in die Lage unserer Hunde versetzen. Nicht immer wird von den Hunden Lob oder Strafe als solches verstanden. Auch kann es von der Situation abhängen, ob ein Hund ein und dieselbe Einwirkung entweder als Lob oder als Strafe versteht.
Lob ist, was sich für den Hund lohnt
Als Lob können Hunde ein Lächeln, einen Blick, Körperkontakt oder Streicheln verstehen. Dazu kommt noch verbales Lob durch eine ruhige Stimme. Soll die Intensität des Lobs ansteigen, dann gibt es für viele Hunde nichts Besseres als etwas Gutes zu fressen. Hier haben die Hundehalter praktisch unbegrenzte Möglichkeiten, die von einem Stück roher Karotte bis hin zu leicht angebratenen mit Kräutersalz vorsichtig gewürzten Hühnerherzen reichen. Die Aufmerksamkeit von manch anderem Hund bekommt man allerdings nur mit Hilfe eines Spielzeugs. Ein geworfener Ball, ein Seil, um das wir uns mit dem Hund raufen, oder ein Frisbee sind für solche Hunde einfach das Größte. Dafür würden sie alles tun. Klar sollte uns dabei aber auch sein, dass wir die Qualität des Lobs der Situation anpassen müssen. Manche Hunde klinken bei maximalem Lob total aus und sind dann in der Arbeit nicht mehr zu gebrauchen. Auch wenn das Lob im Vergleich zur Belastung eine zu geringe Qualität hat, werden manche Hunde eher darauf verzichten, als sich auf eine Belastung einzulassen. Wenn Sie zum Beispiel Ihren Hund mit dem Futter bestätigen, das er ohnehin am Abend in seiner Schüssel findet, wird er sich sehr gut überlegen, ob er sich auf eine bestimmte Situation einlässt oder auch nicht, denn dieses Futter ist ihm am Abend ohnehin gewiss.
Strafe ist nicht nur Schmerz Foto: pixabay.com
Da wir dem Hund durch Lob etwas Gutes tun, ist diese Form der Bestätigung natürlich positiv besetzt, während Strafe oft als etwas Negatives empfunden wird. Strafe wird meist mit Schmerz assoziiert. Im Extremfall kommt es zur Verwendung von Stachelhalsbändern oder Elektroschockhalsbändern, aber auch zu Schlägen oder Tritten, mit denen dem Hund Schmerz zugefügt wird. Über den Einsatz solcher Strafen brauchen wir nicht weiter zu diskutieren, weil sie entweder durch das Tierschutzgesetz verboten oder in Hundeschulen nicht erwünscht sind. Wenn wir von solchen Strafen sprechen, dann haben wir aber nur einen ganz kleinen Ausschnitt der breiten Palette von möglichen Strafen erfasst. Strafe besteht natürlich auch in einem scharfen, lauten Wort oder einem Ruck an der Leine. In belastenden Situation können die Hunde auch eine Berührung, besonders am Kopf, als Strafe verstehen. Dazu kommen oft geringe Distanz zu anderen Hunden oder Hundebesitzern, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit zum Beispiel durch eine gespannte Leine oder der Druck, wenn wir uns mit unserem Körper über den Hund beugen. Besonders was die Körperhaltung betrifft, verstehen viele Hundebesitzer ihr Verhalten nicht als Strafe. Wenn ich mich allerdings jedes Mal, wenn ich meinen Hund anleine, über ihn beuge, dann kann es passieren, dass ein besonders sensibler Hund das als Strafe versteht. Die Konsequenz darauf ist, dass der Hund nicht mehr zu mir kommt, wenn er merkt, dass er angeleint werden soll. Das hängt dann weniger mit Ungehorsam, sondern mehr mit dem vermeiden einer unangenehmen Situation zusammen.
Eine Studie untersucht Einfluss von Lob und Strafe auf Prüfungsergebnisse von Diensthunden
Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob der Einsatz von Lob und Strafe einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Hund hat oder ob es egal ist, ob ich einen Hund überwiegend mit Lob oder überwiegen mit Strafe ausbilde. Um diese Frage zu beantworten, beziehe ich mich auf eine Untersuchung von Diensthunden. Diensthunde sind zur Untersuchung von Trainingseffekten sehr gut geeignet, weil viele Hunde dieselbe Ausbildung erhalten und weil es sich um eine eingeschränkte Gruppe von Hunderassen handelt. Dadurch sind die Hunde sehr gut miteinander vergleichbar und man kann den Einfluss der Rasse vernachlässigen. Außerdem gibt es ein standardisiertes Beurteilungsschema, nach dem die Hunde überprüft werden und das nicht nur im klassischen Grundgehorsam, sondern auch in anderen Disziplinen wie der Suche nach Gegenständen oder der Suche nach Menschen besteht. Um den Einfluss von Lob und Strafe auf die Leistung der Hunde zu beurteilen, haben ich bei verschiedenen Abschlussprüfungen die Hunde bei der Arbeit gefilmt und konnte so das Verhalten der Hunde, aber auch das Verhalten der HundeführerInnen quantifizieren. Beim Verhalten der Hunde ging es darum, mit Hilfe von Stresszeichen die Belastung der Hunde zu beurteilen. Mit Stresszeichen oder calming signals, wie sie von Turid Rugaas beschrieben wurden, zeigt der Hund seinem Umfeld, unter welcher Belastung er steht. Die Klassiker sind da-bei das Schlecken über die Schnauze, das Gähnen, das Schnüffeln am Boden, aber auch das hektische Hin- und Herschauen oder das Heben einer Vorderpfote. Videos bieten wiederum die Möglichkeit, dass man sich eine Situation mehrmals ansehen beziehungsweise auch verlangsamt und vergrößert ansehen kann, um so die Anzahl solcher Stresszeichen zu erheben. Neben den Hunden kann man aber auch die Menschen beobachten und so die Anzahl der Einwirkungen von Form von Lob und Strafe messen. Auch hier sprechen wir von der gesamten Bandbreite von Lob und Strafe, wie ich sie bereits weiter oben beschrieben habe.
Foto: © Lars Kimpel - Fotolia.comLob kann vorherige Strafe nicht ungeschehen machen
Im Rahmen der Abschlussprüfung konnten bei den Menschen vereinzelt Leinrucks oder verbale Korrektur als Strafe beobachtet werden. Einzelne Hundeführer haben ihren Hund dabei mehrmals bestraft, während die überwiegende Anzahl der HundeführerInnen auf eine Bestrafung ihrer Hunde verzichtet haben. Ein weitaus größerer Anteil der HundeführerInnen hat den Hund in Form von verbalem Lob oder durch Streicheln belohnt. Vergleicht man nun die Anzahl der Stresszeichen als Ausdruck der Belastung von Hunden, die überwiegend bestraft wurden, mit denen, die überwiegend belohnt wurden, dann ist die Anzahl der Stresszeichen bei den bestraft en Hunde deutlich höher. Dieses Ergebnis alleine ist nun noch nicht so dramatisch. Interessant ist allerdings, dass wenn der Hund vorher bestraft wird, wir reden hier wohl gemerkt von einem leichten Ruck an der Leine oder einer verbalen Korrektur, und dann im Anschluss gelobt, kommt es zu keiner Reduktion der Stresszeichen. Strafe ist demnach viel eindrücklicher und kann durch anschließendes Lob nicht kompensiert werden.
Hunde mit weniger Stress haben bessere Prüfungsergebnisse
Es stellt sich nun weiter die Frage, ob Lob und Strafe einen Einfluss auf die Leistung der Hunde haben. Bei diesen Überprüfungen müssen die Hunde einen gewissen Grundgehorsam zeigen, der unter anderem aus „Fuß gehen“ mit und ohne Leine, Ablegen, Absetzen oder Bringen eines Gegenstands besteht. Die mehr oder weniger korrekte Ausführung dieser Übungen wird anhand eines Punkteschlüssels bewertet, der in einer Endnote resultiert. Vergleicht man nun die Endnote der einzelnen Hunde mit deren Stressbelastung, so ist sofort ein eindeutiger Zusammenhang zu erkennen. Hunde, die weniger Stress haben, werden besser beurteilt und zeigen eine korrektere Ausführung der geforderten Übungen als Hunde, die mehr Stresszeichen zeigen. Da die Hunde hier sehr intensiv mit dem Hundeführer zusammenarbeiten müssen und die beiden in engem Kontakt zueinander stehen, kann man sich leicht vorstellen, dass der Hundeführer einen großen Einfluss auf die Arbeit der Hunde hat.
Hunde mit weniger Stress arbeiten auch eigenständig besser
Wir haben uns aber auch den Einfluss der Stressbelastung der Hunde auf deren Suchleistung angesehen. Mit zur Überprüfung gehört das Suchen nach Gegenständen, bei der die Hunde drei Alltagsgegenstände in einem abgegrenzten Areal durch Absetzen oder Ablegen anzeigen müssen. Um hier die Leistung der Hunde zu beurteilen, haben wir die Suchzeit, die Zeit vom ersten Kommando des Hundeführers bis zur Anzeige, gemessen, und das für alle drei Gegenstände. Auch hier konnte ein eindeutiger Zusammenhang festgestellt werden. Hunde, die eine geringe Stressbelastung aufweisen, finden die drei Gegenstände deutlich schneller im Gegensatz zu Hunden, bei denen eine große Anzahl von Stresszeichen erhoben wurde. Dieser Befund ist insofern bemerkenswert, das die Hunde hier völlig frei arbeiten müssen und der Hundeführer die Hunde nur durch seine Anwesenheit beeinflussen kann. Man muss allerdings dazu bemerken, dass das Verhalten der Hundeführer bei der Prüfung auch ein Ausdruck ihres Trainings ist. Hundeführer, die ihren Hund bei der Prüfung überwiegend loben, werden eher mit Lob im Training arbeiten als Hundeführer, die Strafe in der Prüfung verwenden. Das Resümee aus dieser Untersuchung war letztendlich, dass Lob und Strafe unterschiedlich auf die Stressbelastung der Hunde wirken. Strafe erhöht den Stress, während Lob die Stressbelastung verringert. Lob kann allerdings den Stress durch Strafe nicht kompensieren. Dazu kommt, dass Hunde, die in erster Linie mit Lob gearbeitet werden, dadurch eine geringere Stressbelastung aufweisen, eine bessere Leistung bringen und dass nicht nur in der direkten Zusammenarbeit mit dem Hundeführer, sondern auch in der selbständig durchgeführten Suche.
Strafe ist im Training nicht nötig
Vom Menschen ausgeliehen, geht es bei Ausbildung oder Training um das Vermitteln notwendiger Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit nötig sind. Während es für den Familienhund oft einmal reicht, wenn er sich auf Kommando hinlegt, hinsetzt und an der lockeren Leine gehen kann, brauchen Arbeitshunde oft ganz andere Fertigkeiten, wenn sie eine Herde bewachen oder Schafe zusammentreiben oder nach bestimmten Gegenständen oder Stoffen suchen. Für die Vermittlung dieser Fähigkeiten ist in beiden Fällen ein konsequentes Heranführen des Hundes nötig, wobei ein Fehlverhalten sich durch Ignorieren leicht korrigieren lässt beziehungsweise erwünschtes Verhalten durch Lob, dem zuführen eines angenehmen Reizes, leicht verstärken lässt. Besonders im Training ist Strafe sehr gefährlich, da sie viel eindrücklicher als Lob ist und ab einer gewissen Intensität sehr stark generalisiert wird. Das heißt Strafe wird sehr schnell mit Orten, Personen oder Ereignissen verknüpft , denen wir uns oft nicht bewusst sind, mit dem Nachteil, dass Strafe sehr nachhaltig wirkt und nur schwer zu löschen ist. Durch Lob erarbeitetes Verhalten muss immer wieder aufgefrischt werden, hat aber den Vorteil, dass der Hund initiativ und leistungsfähig bleibt. Das gilt nicht nur für Diensthunde, sondern ist auch in der Arbeit mit Familienhunden wichtig.
Kann man Hunde komplett ohne Strafe erziehen?
Wieder vom Menschen entliehen ist Erziehung die Einflussnahme auf die Entwicklung und das Verhalten Heranwachsender. Es geht also darum, dass sich Verhalten und Fähigkeiten nach einem bestimmten Programm entwickeln. Um herauszufinden, welches Verhalten im Zusammenleben mit seinem Menschen erwünscht oder unerwünscht ist, muss der Hund das ausprobieren. Durch unmittelbares Feedback lernt in diesem Fall der Hund, welches Verhalten vom Hundebesitzer toleriert wird und welches nicht. Nur wenn der Hund die Möglichkeit hat, solche Erfahrungen zu machen, dann kann er sich entwickeln. In der Entwicklung haben wir es als Hundebesitzer oft nicht im Griff, was unseren Vierbeinern gerade so einfällt. Sie zeigen dabei auch einmal ein Verhalten, das wir nicht wollen, und dabei ist es egal, ob es sich um einen Dienst- oder einen Familienhund handelt. Selbstverständlich müssen wir den Hund dann entsprechend korrigieren. Dass wir per Definition dadurch den Hund bestrafen, indem wir unerwünschtes Verhalten abschwächen, ist so manchen Hundebesitzer nicht ganz klar. Auch da wir das meist in Form einer verbalen Korrektur ausführen, wird es von uns nicht unbedingt als Strafe empfunden.
Fähigkeiten trainiert man mit Lob am erfolgreichsten
Letztendlich werden wir in der Erziehung von Hunden, egal ob sie in einer Familie leben oder einen Job zu absolvieren haben, nicht ohne Strafe auskommen. Dabei ist es nicht nötig, auf Schmerz als Strafreiz zurückzugreifen. Wir haben andere Möglichkeiten, mit denen wir unseren Hunden zeigen können, dass ein bestimmtes Verhalten nicht erwünscht ist. Solche Korrekturen werden von uns oft nicht als Strafe empfunden, die Hunde sehen das allerdings oft ein wenig anders. Wenn wir aber mit den Hunden arbeiten, ihnen etwas beibringen wollen, dann ist die Arbeit mit Lob die Methode der Wahl. Die Hunde können dadurch entspannt arbeiten und zeigen eine deutlich bessere Leistung.