Der Familienhund - Das Kundenmagazin der BHV-Hundeschulen

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Lebensretter auf vier Pfoten - Der Diabetes-Signalhund

erschienen am 21. Oktober 2019
Foto: Gerd Köhler
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Diabetes-Signalhunde sind für Betroffene oft eine lebensrettende Hilfe im Alltag. Gerd Köhler bildet Hunde seit Jahren aus, eine Unterzuckerung anzuzeigen und Hilfe zu holen. In unserem Artikel erläutert er, was Diabetes bedeutet, wie der Hund helfen kann und was es zu beachten gibt.

Vor 6 Jahren bekam ich morgens den Anruf einer Kundin, deren Hund wir gemeinsam zum Diabetes-Signalhund ausgebildet hatten. Sie sagte: „Amy hat mir heute Nacht das Leben gerettet.“ Dieser Anruf hat mich tief bewegt. Es wurde mir damals zum ersten Mal richtig bewusst, wie wichtig meine Arbeit mit Menschen und ihren Hunden ist. Amy hat, als ihre Besitzerin morgens um vier in eine starke Unterzuckerung fiel und nahezu handlungsunfähig war, ihr unaufgefordert den Medizinbeutel gebracht. Somit konnte sich Amys Besitzerin versorgen und ihre Unterzuckerung beheben. Wäre dieser besondere Hund nicht gewesen, hätte sie sich nicht versorgen können und wäre ins Koma gefallen. Amy hat durch ihre Ausbildung gelernt, ihrem Menschen Unter- und Überzuckerungen anzuzeigen, meist bevor das elektronische Blutzuckermessgerät ihrer Besitzerin dies meldet.

Sie holt auch den Medizinbeutel, in dem sich ein Messgerät zur Messung des Blutzuckers, eine Spritze mit Insulin sowie Gummibärchen oder Traubenzucker, die bei einer Unterzuckerung zur Erstversorgung nötig sind, befinden. Und sie hat gelernt, einen Notfallschalter zu betätigen, um Hilfe herbeizurufen.

Die Idee, einen Hund zum Diabetes-Signalhund auszubilden kommt aus Amerika und wurde vor einigen Jahren auch in Deutschland bekannt. Im Englischen nennt man einen so aus-gebildeten Hund Diabetic Alert Dog, was übersetzt Diabetikerwarnhund bedeutet. Eine andere Bezeichnung, die man oft hört, ist Hypohund, da er Hypoglykämien (Unterzuckerungen) anzeigen kann. Ich bevorzuge die Bezeichnung Diabetes-Signalhund.

Der Diabetes-Signalhund ist ein Helfer für Diabetiker. Es gibt verschiedene Typen von Diabetes. Beim Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die häufig im Kindesalter auftritt. Deshalb sprach man früher von „Jugendlicher Diabetes“. Heute weiß man, dass Typ 1 Diabetes in jedem Alter auftreten kann.
 
Bei Typ  2 Diabetes liegt eine gestörte Insulinwirkung (Insulinresistenz) und/oder eine verringerte Insulinproduktion vor. Weiterhin gibt es seit einiger Zeit einen neuen Begriff: Diabetes Typ  F. Er soll zum Ausdruck bringen, dass bei einer Diabetes-Erkrankung innerhalb der Familie immer alle Familienmitglieder mit betroffen sind. Nach einer Diabetesdiagnose kann sich, besonders zu Beginn, viel für die Betroffenen verändern. Alle müssen lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Eltern stehen oft nachts mehrmals auf, um bei ihrem Kind den Blutzucker zu messen. Eine nicht bemerkte starke Unterzuckerung kann zum Koma und im Extremfall zum Tod führen. Diese Sorgen und Ängste haben nicht nur Eltern, sondern auch Paare, bei denen einer der Partner Diabetes Typ 1 hat. Nicht selten entsteht dann der Wunsch, einen ausgebildeten Diabetes-Signalhund zur Unterstützung an seiner Seite zu haben oder den eigenen Hund hierzu auszubilden. Oft sind die Erwartungen an einen solchen Hund sehr hoch.

Gut ausgebildete Diabetes-Signalhunde können Betroffene zuverlässig unterstützen. Auch können sie dazu beitragen, die Situation in der Familie zu entspannen und den Fokus vom Diabetiker zu nehmen. Trotzdem darf und kann Tomte Schalter Boden mit MarkierungMit einfachen Mitteln kann ein Alarmgeber gebaut werden, den der Hund bedienen kann. Foto: Gerd Köhlerdie Verantwortung für ein gutes Diabetes-Management nicht beim Hund liegen. Sie liegt weiterhin immer bei den Betroffenen. Der Hund darf nie neben dem Blutzuckermessgerät, einer Pumpe oder einem Pen zu einem weiteren „Tool“ (Gerät) werden!

Ist die Diagnose ganz frisch, dann empfehle ich mit der Ausbildung des eigenen Hundes oder der Anschaffung eines ausgebildeten Hundes so lange zu warten, bis sich das Familienleben wieder eingependelt hat. Egal ob der Betroffene ein Kind oder ein Erwachsener ist.

Wenn letztendlich die Entscheidung gefallen ist, sich einen Hund als Helfer in die Familie zu holen oder den eigenen Hund auszubilden, entstehen oft viele Fragen.

Woher bekomme ich den richtigen Hund? Wie teuer ist so ein Hund bzw. was kostet die Ausbildung meines eigenen Hundes? Ist dieser überhaupt dazu geeignet? Übernimmt die Krankenkas-se oder ein anderer Kostenträger die Kosten für den Hund und seine Ausbildung? Wer hilft mir beim Training? Woher weiß ich, wer als Trainer seriös ist? Darf mein Kind den Hund dann mit in die Schule nehmen? Und viele Fragen mehr. Tatsächlich gibt es keine einfachen Antworten auf diese Fragen. Gerade die Finanzierung kann den Traum von einem Diabetes-Signalhund platzen lassen. In Deutschland, aber auch in den meisten anderen europäischen Ländern gibt es für einen Diabetes-Signalhund keine Kostenübernahme oder Bezuschussung durch die Krankenkasse. Die Betroffenen zahlen die Ausbildung oder den ausgebildeten Hund entweder aus eigener Tasche oder es gelingt ihnen z. B. über Crowdfunding zumindest einen Teil des Betrages zu erhalten.

Bei manchen Ausbildungsstätten kostet ein fertig ausgebildeter Diabetes-Signalhund durchaus 20.000 Euro. Leider ist, z. B. auf Facebook in Assistenzhundeforen, des Öfteren zu lesen, dass Betroffene zwar viel Geld für einen fertig ausgebildeten Assistenzhund bezahlt haben, es sich dann aber herausgestellt hat, dass der Hund entweder krank ist und/oder seine Aufgaben nicht wirklich zuverlässig ausführt. Vor dem Kauf eines ausgebildeten Diabetes-Signalhundes bzw. vor dem Unterschreiben eines Vertrags mit einer Ausbildungsstätte sollte man sich deshalb sehr genau erkundigen und umhören. Auch dann, wenn man den eigenen Hund mit jemandem als Unterstützung zusammen ausbilden möchte, hilft es, sich genau zu informieren.

Wer in Erwägung zieht, einen entsprechenden Hund in die Familie zu nehmen, sollte andere Betroffene, die bereits einen ausgebildeten Diabetes-Signalhund als Begleiter haben, nach ihren Erfahrungen fragen. So besteht eine gute Chance, einen seriösen und kompetenten Trainer zu finden, der einen zuverlässig bei seinem Vorhaben unterstützt.

GeruchEin Diabetes-Signalhund muss lernen, den richtigen Geruch zu erkennen und entsprechend zu handeln. Foto: Gerd KöhlerGrundsätzlich kann jeder Hund, der gesund ist, seine Nase gebraucht und sich auf Lernsituationen einlässt, zum Diabetes-Signalhund ausgebildet werden. Die Größe des Hundes spielt nur bedingt eine Rolle, denn auch kleine Hunde besitzen für diese Aufgabe meist ausreichend Riechfähigkeiten. Hunde sind nun einmal „Nasentiere“. In ihren Nasen befinden sich, je nach deren Größe, bis zu 300 Millionen Riechzellen. Uns Menschen stehen gerade mal 20 Millionen zu Verfügung. Außerdem hat der Hund im Vergleich zu uns Menschen deutlich mehr Arten von Sinneszellen für das Riechen. Wenn wir z. B. riechen, dass in der Küche gerade eine leckere Gemüsesuppe gekocht wird, dann kann der Hund ganz genau erriechen, welche Gemüsesorten verwendet wurden und welche Gewürze sich in der Suppe befinden. Mit dieser Riechfähigkeit ist es ihm auch möglich, die Gerüche einer Unterzuckerung und einer Überzuckerung rechtzeitig wahrzunehmen und sie genau auseinanderzuhalten. An der Intensität des jeweiligen Geruchs können sie sogar die Stärke einer Blutzuckerabweichung erkennen.
 

Gerti mit Momo

Zu welchen Nasenleistungen Hunde fähig sind, zeigt der Bericht von Gerti und ihrer Hündin Momo. „Hallo, Ihr Lieben, ich wollte euch mal erzählen, was vor ca. 1 Stunde passiert ist. Bernd kam vom Einkaufen und hat Sachen weggeräumt. Ich habe Reibekuchen gebacken, der Lüfter lief in der Küche und keiner hat auf die Hunde geachtet. Es war laut und sehr geruchsintensiv bei uns. Auf einmal klingelt es. Bernd dachte erst, es sei die Türklingel, weil die so ähnlich klingt wie Momos ,Alarmklingel‘. War’s aber nicht. Es klingelte immer weiter. Dann hat Bernd bemerkt, dass Momo das ist, und hat gemessen. Er hatte einen Wert von 42. Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass Momo trotz des intensiven Geruchs, des Lärmpegels und der Unruhe einen Weg gefunden hat, auf sich bzw. Bernd auf seinen Unterzucker aufmerksam zu machen.“
 
Wenn sich Betroffene mit der Idee anfreunden, einen Diabetes-Signalhund in die Familie zu holen oder ihren eigenen Hund, ggf. mit der Unterstützung eines Trainers oder einer Trainerin, selbst auszubilden, dann besteht selbstverständlich der Wunsch, den Hund auch überall mit hinnehmen zu wollen. Auch wird von Ausbildungsstätten oft mit genau dem Argument geworben, dass der ausgebildete Assistenzhund überall Zutrittsrecht hat. Leider ist das, zumindest in Deutschland, zurzeit nicht so. Im Unterschied zum Nachbarland Österreich gibt es in Deutschland bisher für Assistenzhunde keine gesetzliche Regelung. In Österreich muss ein Assistenzhund eine staatliche Prüfung ablegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob er einen blinden oder sehbehinderten Menschen unterstützt oder ob seine Aufgabe die eines Signalhundes, z. B. für einen Diabetiker, ist. Überall mit hingehen darf er allerdings erst,
wenn er einen Gesundheitscheck durchlaufen hat und als gesund eingestuft wurde. Dieser Check allein kostet ca. 1.000 Euro. Wenn der Hund gesund ist und die für seine Aufgabe entsprechende Prüfung bestanden hat, erhält er damit das Recht auf Zutritt zu Örtlichkeiten, zu denen ein normaler Familienhund nicht zugelassen ist. Nach außen hin wird dies für alle Hunde mit bestandener Prüfung durch eine einheitliche Kenndecke bzw. durch ein Halstuch sichtbar gemacht.

In Deutschland wird zurzeit an einer entsprechenden Gesetzesvorlage gearbeitet und auch europaweit soll es auf Dauer zu vergleichbaren Regelungen kommen. Solange es aber in Deutschland keine entsprechende gesetzliche Regelung gibt, empfehle ich meinen Klienten, ihren ausgebildeten Diabetes-Signalhund bezüglich der Zugangsrechte wie einen normalen Familienhund zu betrachten, der sie nicht in allen Situationen und zu allen Plätzen begleiten kann. Dies gilt auch für die Schule. Darüber hinaus sehe ich die Belastung von Hunden, wenn sie Kinder in die Schule begleiten sollen, als sehr hoch an. Mir liegt hier als Pädagoge nicht nur das Kind am Herzen, sondern als Hundetrainer auch der Hund. Dieser braucht, gerade wenn er sonst viel Zeit mit dem Kind zusammen verbringt, viele Ruhezeiten, um die an ihn gestellte Aufgabe erfüllen zu können. Die kann er z. B. gut erhalten, wenn das Kind in der Schule ist und er zu Hause bleibt.

Wer seinen Hund zum Diabetes-Signalhund selbst ausbilden möchte, sollte sich eingehend mit den Themen Sozialisation, Clickertraining, Nasenarbeit (Geruchssuche/Geruchsunterscheidung) sowie mit Tricktraining beschäftigen. 09 3 a Tomte AbgebenDiabetes-Signalhunde holen den „Medizinbeutel“, wenn es notwendig ist. Foto: Gerd KöhlerSozialisation deshalb, damit Sie als Begleiter einen emotional stabilen und ausgeglichenen Hund haben, der auch in für ihn schwierigen Situationen seine erlernten Routinen ausführen kann. Die Beschäftigung mit dem Clickertraining ist wichtig, um ein Basiswissen über positives Training zu erhalten. Da die Gerüche bei einer Zuckerentgleisung eine bedeutende Rolle für den Hund spielen, ist es unumgänglich, sich mit der Nasenarbeit zu beschäftigen. Dass ich hier die Beschäftigung mit dem Tricktraining empfehle, mag überraschen. Tatsächlich ist aus meiner Sicht das Einüben eines Anzeigesignals, durch welches der Diabetiker von seinem Hund darüber informiert wird, dass mit dem Blutzucker etwas nicht stimmt, nichts weiter als ein eingeübter Trick. Auch das Bringen des Medizinbeutels, in dem sich die zur Versorgung notwendigen Utensilien befinden, ist ein Trick, den der Hund erlernt.

Wer sich selbst nicht zutraut, seinen Hund allein entsprechend auszubilden, kann sich einen qualifizierten Trainer oder eine qualifizierte Trainerin suchen, sodass er diesen Weg nicht alleine geht. Er sollte im Vorfeld genau absprechen, wie teuer die Ausbildung werden kann. Ich selbst berechne bei meinen Klienten die jeweils gegebenen Stunden sowie eventuell anfallende Fahrtkosten. Zwischen den Trainingssitzungen übt der Diabetiker selbst mit seinem Hund. Je regelmäßiger er selbst übt, umso preisgünstiger wird das Ganze für ihn. So eine Ausbildung kann durchaus ein bis zwei Jahre dauern.

Eines ist für mich besonders wichtig, deshalb kläre ich das immer im ersten Gespräch. Ich frage die Interessenten, was mit dem Hund passieren würde, wenn er trotz seiner Ausbildung seine Aufgaben, aus welchem Grund auch immer, nicht zuverlässig ausführen würde. Bisher haben immer alle geantwortet: „Der bleibt natürlich bei uns. Das ist doch ein Familienmitglied!“ Das ist für mich die Voraussetzung, um eine Ausbildung zu beginnen. Wenn sich jemand entscheidet, mit seinem Hund diesen interessanten, lehrreichen und besonderen Weg der Ausbildung zum Diabetes-Signalhund zu gehen, sollte er immer an das denken, was ich mal in einem amerikanischen Forum zu diesem Thema gelesen habe: Es ist ein Marathon – kein Sprint!
 
 

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Gerd Köhler
Foto: Karin Köhler

Zur Person

Gerd Köhler ist Pädagoge und Hundetrainer. Er bildet seit Jahren Diabetes-Signalhunde aus und schult auch Trainer/innen. In seinem Buch „Mein Diabetes-Signalhund“ erläutert er die Ausbildung des Hundes.

Kontakt

www.hundezeit.com

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BHV
Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen e.V.
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65719 Hofheim

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