Der Familienhund - Das Kundenmagazin der BHV-Hundeschulen

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Schreck Gespenst Stress - Ungesund oder halb so schlimm?

erschienen am 17. Februar 2020
Foto: Sina Frantzen
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Stress spielt im Hundetraining eine immer größere Rolle. Doch wie gefährlich oder nützlich ist er wirklich? Anne Bucher gibt einen Überblick über die Vorgänge im Hund.

In unserer schnelllebigen Zeit ist das Thema „Stress“ allgegenwärtig. Die permanente Entspannung scheint das Ziel. Stress gilt als ungesund. Doch stimmt das?

Stress ist eine Funktion des Körpers, um diesen an Situationen anzupassen. Es verbirgt sich ein vielschichtiges System dahinter. In erster Linie stellt es Energie bereit und sorgt dafür, dass das Verhalten entsprechend angepasst wird. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Bei körperlicher Anstrengung bewirkt es lediglich eine Energiebereitstellung. Der Sympathikus, ein Teil des autonomen Nervensystems, wird aktiv und sorgt für eine Leistungssteigerung, indem er auf das Herz-Kreislauf-System einwirkt, die Durchblutung von Herz- und Skelettmuskulatur erhöht, den Blutdruck erhöht und den Stoffwechsel steigert. Die Lungenfunktion wird beeinflusst, die Pupillen werden erweitert und die Abgabe von Schweiß wird erhöht. Hierfür werden unter anderem Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. Diese Art von Stress beginnt auch, wenn die Anstrengung lediglich erwartet wird.

Damit der Herz-Kreislauf gesteigert wird, hemmt der Körper in der Zeit andere – aktuell nicht wesentliche – Vorgänge wie zum Beispiel die Verdauung, die Durchblutung der Nieren und der Haut.

Regeneration ist wichtig

Beim Abklingen der Belastung pendeln sich die Funktionen wieder ein und es wird eine Regenerationszeit benötigt, um die verbrauchte Energie aufzuladen. Dieser Prozess ist für den Hund grundsätzlich weder schädlich noch ungesund. Körperliche Herausforderungen sorgen dafür, dass das Herz-Kreislauf-System trainiert wird, und bringen dem Gehirn Stimulation.

Folgt keine oder eine zu kurze Regenerationszeit, geschieht deutlich mehr im Körper. Das Gleiche gilt, wenn sich andere Faktoren hinzugesellen. Das, was wir landläufig als „Stress“ und „ungesund“ deklarieren, tritt ein. Nun wird nicht nur der Sympathikus und damit der Herz-Kreislauf aktiviert, sondern das System spricht auch die Nebennieren an und schüttet so einen ganzen Hormoncocktail aus. Allen voran das berühmt-berüchtigte „Stress-Hormon“ Cortisol. Das Immunsystem wird aktiviert und der Körper bereitet sich auf die „Kampf- oder Flucht-Reaktion“ vor. Zur besseren Verständlichkeit benenne ich dies mit „Stress-System“.

Die Aktivierung dieser Reaktion kostet einen deutlich höheren Preis und braucht längere Regenerationszeiten. Doch wie kommt es dazu? Knapp formuliert entsteht sie durch psychische Belastungen oder körperliche Überforderungen. Das Problem: Es handelt sich um rein subjektive Wahrnehmungen und diese lassen sich für uns nicht immer erkennen und so können wir Stress nicht stets vermeiden. Der permanente Versuch, stressigen Situationen auszuweichen, führt zudem schnell zur Unterforderung und damit zu denselben Resultaten.

Das Wissen darüber, welche Faktoren diese Reaktionen in der Regel begünstigen, hilft uns, besser einzuschätzen, wann wir Situationen verändern sollten oder unsere Hunde Unterstützung benötigen.

Das Gehirn unserer Hunde sucht permanent nach Veränderungen im Umfeld, nach Ressourcen und Gefahren sowie deren Vorboten. Alle wahrgenommenen Reize werden aussortiert oder bewertet. Primär geschieht dies im Limbischen System. Es ist das emotionale Zentrum des Gehirns, das alle Säugetiere besitzen. Es sorgt für eine erste Bewertung und löst eine erste – stets emotionale – Reaktion aus.

Entscheidet das Hundegehirn, dass es ein angenehmer Reiz ist oder hat es eine passende Strategie zur Bewältigung der Situation, so wird das Stress-System nicht aktiviert. Anders sieht das aus, wenn das Gehirn feststellt, das keine passende Strategie vorhanden ist oder unangenehme Empfindungen ausgelöst werden. Wenn die Strategie fehlt Bei unbekannten und neuen Reizen hat das Gehirn keine Strategie. Beim Auftreten von Konflikten findet es nicht sofort eine Lösung. In beiden Situationen wird das Stress-System aktiviert. Das Gleiche gilt, wenn vorhandene Strategien gestört oder unterbrochen werden. Stuft zum Beispiel ein Hund die Anwesenheit eines Artgenossen als Gefahr ein, wirft die Strategie „Rückzug“ aus, aber er soll dennoch sitzen bleiben. Zu den unangenehmen Empfindungen gehören neben den Emotionen Angst und Aggression beispielsweise Frustration und Langeweile. Doch nicht nur Reize aus der Umwelt, auch das Wahrnehmen von Schmerzen, Hunger, Durst oder Über- oder Unterforderung lösen Stressreaktionen aus, wenn der Hund keine Wege zur Verbesserung der Situa-tion kennt. Körperliche Anstrengung kann damit zum Stressor werden, wenn der Bogen überspannt wird und Erschöpfung eintritt, ehe der Hund Möglichkeiten zur Ruhe und Regeneration in der Situation erkennt.

Kurzes Lippenlecken und das Weiß in den Augen sind sichtbare Stressanzeichen.Kurzes Lippenlecken und das Weiß in den Augen sind sichtbare Stressanzeichen.      Auch körperliche Beschwerden können chronischen Stress verursachen.Auch körperliche Beschwerden können chronischen Stress verursachen.      Gähnen ist oft ein deutliches Anzeichen von Stress.Gähnen ist oft ein deutliches Anzeichen von Stress.

Woran erkennt man Stress?

Die Aktivierung des Stress-Systems zu erkennen ist nicht immer leicht, denn die Merkmale haben oft individuelle Noten. Es gibt Hunde, die aktiv und hibbelig werden, schnell bekommen sie das Etikett „hyperaktiv“, und es gibt jene, die sich eher zurückziehen und inaktiv werden – sogenannte Schlaftabletten. Eine ruhige Körperoberfläche darf nicht mit einem entspannten Hund ver-wechselt werden. Umgekehrt ist ein erregter Hund nicht zwangsläufig gestresst. Solange das Erregungslevel für den Hund in der Situation passend und mit einer angenehmen Emotion gefärbt ist, ist alles in bester Ordnung. Ebenso trügerisch ist das Bewerten des Stresslevels durch den Appetit. Viele Hunde können in stressigen Situationen nicht essen, doch – wie bei uns Menschen – es gibt Stressfresser.

Es gilt, die Warnzeichen von beginnender Über- oder Unterforderung und von psychischen Belastungen frühzeitig zu erkennen. Wie so oft ist es nicht die Situation, die uns Aufschluss gibt, sondern das Beobachten, Wahrnehmen und Interpretieren des Ausdrucksverhaltens des Hundes.

Neben den individuellen Warnzeichen gibt es einige Zeichen, die uns immer aufmerksam werden lassen sollten. Dazu gehört das Hecheln mit einer kleinen, angespannten Zunge. Hecheln zum Temperaturausgleich braucht eine möglichst große Zungenoberfläche, hängt die Zunge nicht lappenartig aus dem Fang, sondern ist spatelförmig, können wir von der Aktivierung des Stress-Systems ausgehen. Mischformen wie eine große, aber angespannte Zunge deuten darauf hin, dass nicht allein Wärme die Ursache für das Hecheln ist.

Gelartiger, klebriger Speichel oder schaumig aufgeschlagener Speichel ist ebenfalls ein relativ zuverlässiges Indiz. Schuppen, Fellverlust sowie häufiges Urinieren sind oft auf das Stress-System zurückzuführen.

Die körperlichen Signale, die uns Angst, Aggression, Konflikte oder Frustration deutlich machen wie das Einfrieren der Körperoberfläche oder erkennbares Weiß in den Augen sind deutliche Warnzeichen.

Häufig versuchen Hunde, sich selber zu entspannen. Manche putzen, nuckeln, knabbern, wälzen oder dehnen sich. Andere beschäftigen sich, sodass es ihnen guttut, und gehen beispielsweise jagen. Da es sich hierbei um normales Verhalten handelt, geben uns die Situation und die Häufigkeit einen Aufschluss darüber, ob es sich vielleicht doch um eine Form der Kompensation handelt. Gutes Beobachten und ein Tagebuch helfen bei der Interpretation.

In jedem Fall sollte bei allen unerwünschten und problematischen Verhaltensweisen das allgemeine Stresslevel genau betrachtet und meistens verändert werden.

Stress gehört zum Leben eines jeden Hundes. Hält er sich in Maßen und bekommt der Hund regelmäßige Entlastungs- und Erholungszeiten, gibt es keine Einwände. Bedenklich wird es, wenn wir täglich deutlich sichtbare Stressreaktionen auftreten sehen oder diese über mehrere Wochen besonders intensiv ausgelöst werden. Diese Belastung kann nicht nur zu körperlichen Schäden führen, sondern sorgt sogar dafür, dass immer mehr Situationen durch das Gehirn als stressig eingestuft werden und dass es zu einem Teufelskreis kommt. In diesem Teufelskreis werden die emotionalen Bereiche des Hundegehirns gestärkt und Verbindungen zum „denkenden“ Teil des Gehirns abgebaut und dort vorhandene Bereiche geschwächt. In diesem Bereich siedeln sich zum Beispiel das Differenzieren von Signalen und ein großer Teil der Impulskontrolle sowie die willentlich gesteuerte Aufmerksamkeit an.

Unser Ziel sollte es sein, den Hunden für sie passende und erleichternde Strategien für unseren Alltag und unsere Vorhaben, wie z. B. Hundesport, Ausflüge oder Reisen, beizubringen. Dazu gehört, dass wir alle vorhersehbaren Situationen trainieren. Training sollte dabei so gestaltet werden, dass Frustration vermieden wird und an Erfolgen gelernt wird. Ein guter Hundetrainer begleitet Hund und Halter auf dem Weg und sorgt dafür, dass das Training durchaus fordert und vorangeht, der Bogen aber nicht überspannt wird.

Rituale und Routinen helfen, Situationen einzuschätzen, geben Sicherheit und sorgen so für ein niedrigeres Stresslevel. Trainingswerkzeuge wie das Zeigen & Benennen zielen darauf ab, dem Hund den ersten Schreckmoment zu nehmen und helfen ihm, den auftretenden Reiz einzuordnen, sie erinnern ihn daran, dass er eine Strategie kennt.

Überspannen wir versehentlich den Bogen oder geraten in stressende Situationen, gilt es, den Hund zu unterstützen. Hunde, denen Körperkontakt wichtig ist, sollten wir diesen anbieten, aber auch ein schönes Spiel oder die Teilung der Aufmerksamkeit durch leichte Lieblingsübungen kann helfen.

Ein gutes Entspannungstraining sorgt für verbesserte Möglichkeiten in schwierigen Situationen und erleichtert die Regenera-tionszeit. Dazu gehören angenehme Massagen, Entspannungsdüfte und -musik ebenso wie aufgebaute Entspannungsorte und -worte. Eine gut aufgebaute Sicherheitszone ist der ideale Ort zum Regenerieren und hilft bei Stresssituationen im Haus.

Häufig meistern Hunde anstrengende und herausfordernde Situationen wie Tierarztbesuche, Seminare oder Wettkämpfe mit Bravour. Doch am Tag danach sind die Akkus nicht schon wieder voll. Das A und O nach besonderen Herausforderungen ist es, für eine gute Regeneration zu sorgen. Entlastungstage ohne das erneute Auslösen von Stress mit angenehmer Beschäftigung sind dabei Gold wert! Eines ist klar: Das Erleben von viel oder extremem Stress macht nicht stressresistent, sondern empfindlicher!

Ruhig liegen bedeutet nicht zwangsläufig entspannt und stressfrei. Angespanntes Wartenmüssen kann sehr stressig für Hunde sein.Ruhig liegen bedeutet nicht zwangsläufig entspannt und stressfrei. Angespanntes Wartenmüssen kann sehr stressig für Hunde sein.

 

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Anne Bucher
Foto: Mirjam Kilter

Anne Bucher

Zur Person


Anne Bucher – Hundetrainerin (Cum-Cane®) lebt und arbeitet in Wermelskirchen und online. Sie unterstützt Hundehalter auf dem Weg in einen gelassenen Alltag mit Hund und hilft ihnen, Herausforderungen – besonders im Bereich der Verhaltensprobleme von Aggression bis Trennungsstress – zu überwinden. Sie referiert im D-A-CH-Raum für Trainer und Hundehalter sowie für Tierärzte zu Themen rund um Verhaltensprobleme und Training. In ihrem zweiten Standbein unterstützt sie Menschen im Tierberuf dabei, diesen nach ihren Werten und profitabel zu leben. 

Kontakt

www.annebucher.com

 

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