Wenn Hunde älter werden - Teil 1
Im ersten Teil der Serie um alte Hunde beschreibt Hundephysiotherapeutin Martina Flocken, wie sich der Hund im Alterungsprozess verändert. In Teil 2 verrät die Autorin, wie Sie Ihren alternden Hund im Alltag bestmöglich unterstützen und den Alterungsprozess verlangsamen.
Man kann es nicht verhindern: Irgendwann werden unsere Hunde alt. Doch was passiert im Hundekörper, wenn ein Hund alt wird, was kann man tun, um den Alterungsprozess zu verzögern, wie viel Bewegung braucht ein älterer Hund und wie kann man seinen Seniorhund im Alltag unterstützen? Es sind viele Fragen, die uns bewegen, wenn unsere Hunde älter werden. Hier ist es zum einen wichtig, den Alterungsprozess an sich zu verstehen. Daraus lassen sich dann für uns als Hundehalter viele verschiedene Maßnahmen ableiten, um unsere Hunde aktiv zu unterstützen und richtig mit ihnen umzugehen. Grundsätzlich ist das Altern ein biologischer Prozess. Dieser lässt sich nicht verhindern oder rückgängig machen. Allerdings haben wir die Möglichkeit, die sogenannte Rückbildungsphase zu beeinflussen und zu verzögern.
Der Alterungsprozess des Hundes – die sichtbaren äußeren Veränderungen
Der äußerliche Alterungsprozess ist zwar auf der einen Seite sehr offensichtlich, aber im alltäglichen Miteinander fallen uns hier die Zeichen des Alters meist mit einem Schlag auf. Man schaut seinen Hund an und denkt sich plötzlich: „Mein Gott, ist mein Hund grau geworden!“ Das Ergrauen des Fells Das Ergrauen des Fells im Kopfbereich ist auch das erste offensichtliche Anzeichen, dass der Hund älter wird. Auch ein schlechteres Seh- und Hörvermögen kommen hinzu. Im Verlaufe der Zeit werden die Bewegungen etwas steifer und die Bewegungsfreude lässt Schritt für Schritt nach. Häufig verlieren die Vierbeiner Muskulatur und wirken sogar „eingefallen“. Unsere Hunde haben ein erhöhtes Schlaf- und Ruhebedürfnis und brauchen länger, um sich zu regenerieren. Im weiteren Verlauf der Zeit kann auch das Fell am restlichen Körper ergrauen. Wie schnell und wie intensiv ein Hund ergraut, ist allerdings ganz individuell von Hund zu Hund unterschiedlich. Insgesamt verändert sich die Struktur und Beschaffenheit des Hundefells. Es wirkt struppiger und eventuell glanzlos.
Veränderungen der Haut
Auch die Haut des Hundes verändert sich. Da der Hundekörper weitestgehend von Fell bedeckt ist, ist dies für uns nicht so offensichtlich. Doch an stark belasteten Stellen wie z. B. dem Ellbogen bilden sich sichtbare Liegeschwielen. Auch Warzen an verschie-denen Stellen des Körpers sind nicht ungewöhnlich. Wenn Sie hier nicht sicher sind, um was es sich handelt und ob es eine Warze ist, empfehle ich Ihnen, es von Ihrem behandelnden Tierarzt überprüfen zu lassen.
Pfoten & Krallen
Auch ein Blick auf die Pfotenballen Ihres Hundes ist wichtig. Sie können rissig werden und benötigen intensivere Pflege. Ein sehr wichtiger Punkt ist das Krallenwachstum im Alter. Die Krallen des Hundes wachsen verstärkt. Gleichzeitig laufen ältere Hunde meist etwas weniger. Daher bedürfen sie ebenfalls einer besonde-ren Aufmerksamkeit. Ich empfehle Ihnen, dass die Krallenpflege ein regelmäßiger Bestandteil der Körperpflege Ihres Hundes ist und Sie damit nicht erst im Alter beginnen. So ist er an das Kürzen der Krallen bereits gewohnt.
Alte Hunde bewegen sich oft weniger und die Krallen wachsen. Die richtige Pflege sollte schon früh geübt werden.
Was passiert im Körper, wenn ein Hund alt wird?
Mit fortschreitendem Alter verlangsamt sich die Zellteilung im Körper und kommt schlussendlich zum Erliegen. Das hat zur Folge, dass die Funktion der Zellen abnimmt. Die abgestorbenen Zellen werden im mittleren Alter durch Bindegewebe ersetzt. Im fortgeschrittenen Alter durch Fettgewebe. Zudem nimmt der Anteil der Körperflüssigkeit ab. Es lagern sich Stoffwechselendprodukte in den Zellen ein. Dieser geringere Anteil an Körperflüssigkeit ist bei uns Menschen sehr offensichtlich sichtbar. Während unsere Haut mit 20 noch prall und fest war, wird sie mit fortschreitendem Alter faltiger und trockener. Ein Tribut an das Alter und ein völlig natürlicher Prozess. Doch was über die Haut äußerlich sichtbar ist, gilt für den gesamten Körper. Die „Trockenheit“ des Körpers steigt an.
Einfluss der „Austrocknung“ des Körpers auf den Bewegungsapparat
Auch im Bewegungsapparat bleibt der sinkende Flüssigkeitsanteil im Körper nicht ohne Folgen. Er sinkt dort ebenfalls. Die Bänder und Bandscheiben werden porös, was die Gefahr von Bandscheibenvorfällen und Bänderrissen steigen lässt. Auch die Gelenkkapsel schrumpft und der Knorpel wird schlechter mit Flüssigkeit versorgt und wird poröser. Dasselbe passiert auch mit den Knochen. In der Folge verlieren sie an Belastbarkeit und Stabilität und die Gefahr von Frakturen steigt an. Ebenso werden die Muskeln weniger mit Flüssigkeit versorgt.
Stoffwechsel & Immunsystem
Die beschriebenen Prozesse haben in der Summe einen verlangsamten Stoffwechsel zur Folge. Das bedeutet, dass sich auch der Energiebedarf verändert. Gleichzeitig wird das Immunsystem schwächer. So wird der Hund anfälliger für Infektionserkrankungen und Autoimmunerkrankungen. Die Regeneration nach Erkrankungen dauert deutlich länger. Der verminderte Stoffwechsel hat auch Auswirkungen auf das Wärmebedürfnis älterer Vierbeiner. Hunde frieren im Alter schneller. Extratipp: Bei kaltem und regnerischem Wetter lege ich Ihnen zum Schutz Ihres Hundes einen Hundemantel ans Herz. Auch Hunde frieren nicht gern und ein Hundemantel ist kein mo-disches Accessoire, sondern ein Schutz vor unangenehmen Wetterbedingungen.
Muskulatur
Wenn Hunde älter werden, wird auch die Muskulatur weniger und schwächer. Der Verlust der Muskulatur bedeutet nicht nur eine verminderte Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig steigt hierdurch die Belastung für Knochen und Gelenke. Im Alter werden Muskelzellen durch Fettzellen ersetzt. Wie ausgeprägt der Verlust der Muskulatur ist, hängt stark von der Aktivität des Vierbeiners ab. Wenn Sie Ihren Hund also immer beweglich halten, haben Sie einen großen Einfluss darauf, wie gut er im Alter bemuskelt ist. Hier ist es wie bei uns Menschen: Wer sein Leben lang aktiv und in Bewegung war, ist auch im Alter deutlich fitter und leistungsfähiger. Der Alterungsprozess wird verlangsamt.
Skelett
Achten Sie auch im Alter auf das Gewicht Ihres Hundes und die notwendige Flüssigkeitsaufnahme.Wie eingangs schon beschrieben, verändern sich die Knochen und Gelenke im Alter unter anderem durch den Flüssigkeitsverlust. Mit dem fortschreitenden Alter des Hundes geht die Elastizität des Knorpels verloren. Insbesondere an den Rändern der Gelenke nimmt er ab. Die Gelenkfläche verringert sich und somit auch die Beweglichkeit. Knorpelfragmente splittern ab, es entsteht Arthrose. Die Gelenkflüssigkeit wird zäh und weniger. Die Gelenkkapsel schrumpft. An den Knochen entwickeln sich Gelenklippen und Zubildungen. Besonders bekannt sind hier die Knochenspangen an der Wirbelsäule in Form von Spondylose. Gleichzeitig werden die bindegewebigen Strukturen wie Bandscheiben porös. Auch die Knochenmasse verringert sich. Die Gefahr von Osteoporose steigt. Alle diese Veränderungen werden verstärkt durch Übergewicht und mangelnde Bewegung. Achten Sie daher bitte stets darauf, dass Ihr Hund nicht übergewichtig ist – auch nicht in jüngeren Jahren, denn das hat einen Einfluss auf das Altern des Hundes.
Nervensystem
Die Nerven lassen in ihrer Leitfähigkeit nach. Das kann zu neurologischen Problemen führen. Die Nervenleitfähigkeit wird zusätzlich von möglichen Kompressionen des Rückenmarks durch Wirbelsäulenerkrankungen wie Bandscheibenvorfälle und Spondylosen beeinflusst. Gleichzeitig verändert sich auch das Gehirn. Das kann sich wie bei uns Menschen in Form von Wahrnehmungs- und Orientierungsstörungen äußern. Auch das Gedächtnis lässt nach. Hunde finden sich weniger gut in ihrer Umgebung zurecht. Zusätzlich zeigen sie häufig ein vermindertes Durstgefühl und trinken weniger. Hier lauert die Gefahr der Dehydrierung. Achten Sie daher bitte immer darauf, dass Ihr Vierbeiner genügend trinkt. Mit viel frischer Luft (erhöhte Sauerstoffzufuhr) unterstützen Sie übrigens das Gehirn Ihres Hundes und den Erhalt seiner Funktionen.
Sinnesorgane
Im Alter lassen vor allem die Seh- und Hörfähigkeit nach. Wenn die Sinne nachlassen, kann das auch Verhaltensveränderungen zur Folge haben. Möglicherweise reagiert Ihr Hund deshalb in bestimmten Situationen schreckhafter und ängstlicher oder im Gegenteil: viel gelassener. Ihr Hund braucht etwas mehr Zeit, um sich auf neue Situationen einzustellen und Dinge in der Kommunikation mit Ihnen umzusetzen. Das wird häufig falsch als Sturheit oder fehlender Gehorsam interpretiert. Seien Sie also etwas nachsichtiger mit Ihrem Hund und geben Sie ihm etwas mehr Zeit.
Herz-Kreislauf-System und Atmung
Im Verlauf des natürlichen Alterungsprozesses wird die Leistung des Herzens schwächer. Infolgedessen kann es zu Erkrankungen wie z. B. Herzinsuffizienz kommen. Ich empfehle Ihnen daher, die Herzfunktion Ihres Hundes regelmäßig überprüfen zu lassen. Auch die Lungenfunktion lässt im Alter nach. Die Lunge kann sich weniger und schlechter ausdehnen. Die Atmung verändert sich und die Sauerstoffversorgung verringert sich. Auch hier gilt: Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System und die Lungenfunktion aus und versorgt das Gehirn mit Sauerstoff.
Übrigens: Schlechte Zahnpflege und Zahnsteinbildung können Auslöser für Herz- und Atemwegserkrankungen sein. Werfen Sie daher regelmäßig einen Blick auf das Gebiss Ihres Vierbeiners und pflegen Sie seine Zähne.
Fazit: Was passiert, wenn ein Hund alt wird?
Dass ein Hund älter wird, ist nicht zu verhindern, aber wir können den Alterungsprozess aktiv ein ganzes Hundeleben lang beeinflussen. Im Hundekörper passiert eine ganze Menge, wenn er älter wird. Mit dem Wissen um diese Veränderungen ist es leichter für Sie als Hundehalter, damit umzugehen, Situationen zu verstehen, in denen Ihr Hund anders als früher reagiert und auch den Alltag entsprechend zu gestalten. In der nächsten Ausgabe verrät die Autorin, mit welchen Maßnahmen Sie Ihren alternden Hund im Alltag bestmöglich unterstützen und den Alterungsprozess verlangsamen.
Die Sinnesorgane lassen nach und die Verletzungsgefahr kann steigen. Achten Sie mehr auf Ihren alten Hund und schützen Sie ihn.