Trimm dich für Vierbeiner
Du möchtest den Spaziergang mit deinem Hund nicht nur spannend gestalten, sondern auch gleichzeitig die Möglichkeit haben, etwas für seine Gesundheit und seine Fitness zu tun? Das ist ganz einfach: Hundephysiotherapeutin Martina Flocken zeigt, wie du viele Dinge der Umgebung und der Natur nutzen kannst, um euren Spazierweg zum Trimm-dich-Pfad zu machen.
Gezielte und regelmäßige Bewegung sind für gesunde, ältere und auch für Hunde mit Erkrankungen des Bewegungsapparates gleichermaßen wichtig. Nur so kannst du vermeiden, dass dein Hund Muskulatur verliert und die Beweglichkeit eingeschränkt wird. Auch das Herz-Kreislauf-System braucht Bewegung. Einzige Ausnahme ist: dein Hund hat strikte Ruhe verordnet bekommen. Ich habe dir einige Übungen zusammengestellt, mit denen du euren Spazierweg ganz einfach in einen Trimm-dich-Pfad umwandelst – und so ganz nebenbei etwas für die Gesundheit und Fitness deines Hundes tust.
10 wichtige Tipps für euer Training
- Dein Hund muss sich während des Trainings konzentrieren. Das bedeutet, dass die Übungen nicht nur für den Körper an-strengend sind, sondern auch für seinen Kopf. Daher sollten die Trainingseinheiten kurz gehalten werden. Stelle ihn dabei immer vor lösbare Aufgaben.
- Versuche, deinen Hund möglichst nach der Übung zu belohnen, damit er nicht zu sehr auf das Leckerli fokussiert ist und seinen Körper nicht aus dem Blick verliert.
- Die vorgestellten Anleitungen sind Vorschläge, wie du die Übungen aufbauen kannst. Jeder Hund ist ein Individuum und es ist möglich, dass es deinem Hund einfacher fällt, eine Übung auf einem anderen Weg zu lernen. Es spricht nichts dagegen, mit dem Clicker zu arbeiten und die Übungen mit Wort- und Sichtsignalen zu verknüpfen. Mir liegt nur am Herzen, dass du mit deinem Hund immer positiv arbeitest.
- Achte unbedingt darauf, dass dein Hund auf einem rutschfesten Untergrund steht.
- Bitte beachte beim Training, dass dein Hund nicht jeden Tag gleich gut drauf und leistungsfähig ist. Ich empfehle dir zudem, nur mit deinem Hund zu trainieren, wenn du dich auch selbst fit fühlst. Das Training soll euch beiden Spaß machen!
- Sollte dein Hund an einer Übung keinen Spaß haben, Beschwichtigungssignale und Unwohlsein zeigen oder die Übung immer wieder von sich aus abbrechen, lasse die Übung bitte aus! Zeigt dein Hund dasselbe Verhalten wieder, wenn du die Übung zu einem späteren Zeitpunkt wieder durchführen möchtest, empfehle ich dir, der Sache auf den Grund zu gehen.
- Um einen gesunden Bewegungsablauf zu trainieren, ist es wichtig, dass die Übungen möglichst langsam durchgeführt werden. Nur so gelingt es, die vom Gehirn automatisierten Bewegungsmuster zu unterbrechen, die in einer gewissen Grundgeschwindigkeit ohne aktive Beteiligung des Gehirns ablaufen.
- Auch wenn du und dein Hund sich sicher in der Durchführung der verschiedenen Übungen fühlen, empfehle ich dir, in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, ob sich eventuell kleine Fehler eingeschlichen haben.
- Es ist wichtig, dass du im Aufbau neuer Übungen viel Geduld mit deinem Hund hast. Der Weg ist das Ziel und nicht jede Übung klappt vom ersten Moment an perfekt. Gib deinem Hund die Chance zu lernen und mitzudenken. Du kannst nicht erwarten, dass dein Hund beim ersten Versuch, ihm „Männchen machen“ beizubringen, die Übung sofort beherrscht.
- Starte mit kleinen Einheiten, besonders wenn dein Hund untrainiert und unerfahren ist. Zu viel hilft nicht und kann deinem Hund schaden.
Bergauf-bergab-Training
Das Bergauf-bergab-Training ist ein gutes Krafttraining, das du in den Spaziergang integrieren kannst. Mit dem Bergauflaufen trainierst du die Muskulatur der Hinterläufe und des Bauches bei deinem Hund. Beim Bergablaufen werden die Vorderläufe und die Muskulatur des Rumpfes trainiert. Auch die Rückenmuskulatur wird gestärkt. Es unterstützt deinen Hund auch dabei, einen Lauf, den er schont, vermehrt zu benutzen und wieder Vertrauen in sein Bein zu fassen. Für diese Übung nimmst du deinen Hund an die Leine, damit du Tempo und Richtung steuern kannst. Je langsamer dein Hund sich bewegt, desto größer ist der Trainingseffekt. Daher sollte dein Hund möglichst im Schritt laufen. Führe deinen Hund nun abwechselnd den Hang hinauf und hinunter oder bewegt euch im Zickzack am Hang. Eine sanfte Steigung, ein Hang, eine Uferböschung oder Ähnliches reicht übrigens schon aus.
Laufen über verschiedene Untergründe
Das Laufen über verschiedene Untergründe eignet sich sehr gut, um die Koordination, Gleichgewicht und ein gutes Körpergefühl deines Hundes zu trainieren. Es unterstützt zudem die Propriozeption. Darunter versteht man die Wahrnehmung der Bewegungen und Lage des Körpers und einzelner Körperteile im Raum, also die Eigenwahrnehmung des Körpers. Gleichzeitig wird dein Hund animiert, alle Pfoten gleichmäßig zu nutzen und ein normaler Bewegungsablauf trainiert. Auch die Nerven werden durch die wechselnden Untergründe stimuliert.
Nimm deinen Hund an die Leine und führe ihn langsam über die verschiedenen Untergründe, so wie sie euch beim Spaziergang begegnen. Dein Hund sollte im Schritt laufen, so dass er die wechselnden Untergründe bewusst wahrnimmt und Unebenheiten ausbalanciert. Als Untergründe eignen sich zum Beispiel: Waldboden auch mit Wurzeln, Schotterwege, Feldwege, ein umgepflügter Acker und Sandboden.
Cavaletti über Äste
Wirkung
Beim Cavalettitraining werden die Gelenkbeweglichkeit und die Muskulatur aller vier Läufe trainiert. Mittels langsamer, bewusster Bewegungen werden ein gesunder Bewegungsablauf, Balance und Koordination des gesamten Hundekörpers gefördert.
Wann nicht?
Bei versteiften Gelenken
So geht's
Cavalettitraining kann man perfekt auch in den Waldspaziergang einbauen. Lege dazu 4-5 Äste in einer Linie auf den ebenen Boden. Diese Anzahl ist ideal, um deinen Hund in einen Bewegungsfluss zu bringen. Er sollte für die Basisübung bequem darübersteigen können und nicht dazu verleitet werden zu springen. Ein Abstand von mindestens einer Hundelänge ist optimal und die Höhe der Hindernisse sollte maximal bis zu seinem Handgelenk reichen. Lasse deinen Hund nun vor dem ersten Hindernis absitzen. Kennt er die Übung nicht, kannst du ihn folgendermaßen heranführen: locke ihn über die Äste, indem du ein Leckerli immer hinter den nächsten Ast rollst. Er sollte sich auch hier möglichst langsam im Schritttempo bewegen. Am Ende angekommen lässt du ihn absitzen und belohnst ihn, bevor es wieder zurückgeht. Über die Distanz von mehreren Hindernissen hilft es vielen Hunden, wenn sie zunächst an der Leine geführt werden und du neben deinem Hund herläufst. Ich empfehle dir, sukzessive ein Wortsignal einzuführen und das Leckerli nur noch nach jeder kompletten Wiederholung als Belohnung zu geben.
Slalom durch die Beine Foto: CallallooAlexis - stock.adobe.com
Wirkung
Beim Slalomlaufen durch die Beine werden eine gleichmäßige Belastung aller vier Läufe, ein gesunder Bewegungsablauf sowie Balance und Koordination trainiert. Gleichzeitig wird die Beugung der Wirbelsäule intensiviert und die Muskulatur des Rückens und der Läufe gestärkt.
Wann nicht?
Instabilität oder Schmerzen in der Wirbelsäule
So geht´s
Für das Achtenlaufen durch die Beine stellst du dich mit gegrätschten Beinen hin und lockst deinen Hund mit einem Leckerli zwischen deinen Beinen hindurch und außen um deine Beine herum. Dies solltest du in beide Richtungen durchführen, damit dein Hund seine Wirbelsäule in beide Richtungen stretcht. Hat dein Hund verstanden, was er machen soll, lässt du das Leckerli weg und lockst deinen Hund mit der Handbewegung und kannst auch ein Wortsignal ergänzen. Belohne deinen Hund dann immer, wenn er eine ganze Acht gelaufen ist, damit der Bewegungsablauf möglichst flüssig ist.
Mit den Vorderläufen an einem Baumstumpf hochstellen
Wirkung
Du trainierst sehr effektiv die Muskulatur der Vorder- und Hinterläufe, der Schultern, des Nackens und des Rückens. Die Hals- und Rückenmuskulatur wird gestretcht. Dazu ist die Übung ein sehr gutes Koordinations- und Gleichgewichtstraining. Sie ist also ein geniales Ganzkörper-Workout.
Wann nicht?
Instabilität im Rücken oder in den Hinter- oder Vorderläufen
Equipment
Eine niedrige Erhöhung, z. B. ein Baumstumpf – zu Beginn empfiehlt sich etwa Handgelenkhöhe
So geht's
Dein Hund befindet sich im Steh vor dem Baumstumpf. Du stehst auf der anderen Seite der Erhöhung. Gib deinem Hund das Signal, sich mit den Vorderläufen auf den Baumstumpf zu stellen. Wenn er noch kein Signal dafür kennt, kannst du ihn auch mit einem Leckerli hinauflocken und es sukzessive mit einem Signal verbinden. Nun führst du ein Leckerli von der Nase deines Hundes weg auf dich zu, so dass dein Hund seinen Hals nach vorne reckt. Er verlagert sein Gewicht auf die Vorderläufe, dabei sollen die Hinterläufe in ihrer ursprünglichen Position bleiben. Halte diese Position für wenige Sekunden. Gehe dann wieder in die Ausgangsposition und belohne deinen Hund. Nun führst du aus der Ausgangsposition ein Leckerli von seiner Nase nach oben, so dass er seine Nase nach oben streckt. Er wird deiner Hand folgen und das Gewicht auf die Hinterläufe und den unteren Rücken verlagern. In dieser Position verbleibt ihr ebenfalls für wenige Sekunden, bevor du das Leckerli wieder in die Ausgangsposition führst und es ihm gibst.
Balancieren über einen Baumstamm
Wirkung
Die Übung ist ein sehr gutes Koordinations- und Gleichgewichtstraining.
So geht's
Hier führst du deinen Hund langsam über einen Baumstamm. Wichtig ist, dass dein Hund langsam und Schritt für Schritt über den Baumstamm balanciert. Der Stamm sollte dick genug sein, so dass dein Hund sich sicher darauf fühlt. Achte darauf, dass der Baumstamm fest am Boden liegt und trainiere keinesfalls an gelagerten Baumstämmen, die ins Rutschen geraten könnten! Zudem sollte er trocken sein, damit er nicht rutschig ist.
Alltägliche Grundbewegungen als Zirkeltraining
Alltagsbewegungen haben häufig einen sehr hohen Trainingseffekt. Die Gelenkbeweglichkeit, Muskulatur und das Körpergefühl werden trainiert. Zugleich nimmt dein Hund seinen Körper bewusster wahr und führt alltägliche Bewegungen präziser aus.
So kannst du deinen Hund auf dem Spaziergang zwischendurch absitzen lassen, hinlegen und wieder aufstehen lassen. Auch das Pfotegeben kannst du perfekt unterwegs einbauen. Das alles sollte langsam und im Tempo deines Hundes passieren und immer auch in einer gesunden Dosierung. Es geht nicht um Schnelligkeit und Perfektion. Es geht um Spaß, Spannung, Abwechslung und Bewegung.
Extratipp
Für einen schmerzgeplagten Hund mit Arthrose ist ein weicher, elastischer Untergrund wie im Wald wesentlich angenehmer als harter, starrer Asphalt. Du siehst, deiner Phantasie sind auf eurem Spaziergang keine Grenzen gesetzt! Und dein Hund wird großen Spaß an der Abwechslung haben. Ich wünsche euch viel Freude bei eurem Training!