Target-Training
Targets sind Ziele, die der Hund finden, berühren und nutzen kann. Sie helfen im Alltag und beim Trainingsaufbau. Wie unterschiedliche Targets funktionieren und wie du sie trainierst, beschreibt Melanie Felix.
Das Target-Training wird oft im Training von Tieren angewendet, wenn die Bereitschaft zur Kooperation besonders wichtig ist. Beispielsweise im Medical-Training von Großkatzen oder anderen Raub- und Wildtieren, die so zum Beispiel lernen, ihren Fang zu öffnen oder eine Pfote für eine Blutentnahme stillzuhalten.
Ziele helfen auch unseren Hunden beim Lernen enorm, sie erklären ihm das zu erlernende Verhalten und geben viel Sicherheit bei der Umsetzung.
Targets helfen im Alltag
Es spielt dabei keine Rolle, ob der Hund das Stillhalten des Kopfes, zum Beispiel für das Entfernen einer Zecke, oder aber das zuverlässige Sitzen an einer Bordsteinkante lernt, ein Target hilft ihm, genau zu verstehen, was wir wo von ihm möchten.
Im Training von Tieren spielen Targets immer eine elementare Rolle. Beispielsweise lernt so ein Blindenhund, ein Target für die Nase, welches anfangs an einer Tür angebracht wird, zu berühren. Das führt dazu, dass der Hund lernt, auf ein bestimmtes Signal hin immer die nächste Tür anzulaufen und seinem Begleiter anzuzeigen. Ein Hund, der im Obedience läuft, kann mit Hilfe von Targets die exakte Positionierung der Vorderläufe oder Schulter für das Einnehmen einer optimalen Fußposition leichter erlernen. Targets einzusetzen, hilft dem Hund dabei, sein Verhalten leichter zu konditionieren, was heißt, dass er sich die entsprechenden Bewegungsabläufe und Verhaltensmuster besser einprägt. Die Targets in unterschiedlichen Trainingssituationen einzusetzen, führt dazu, dass unser Hund es leichter hat, das erwünschte Verhalten zu generalisieren, um es später bestenfalls überall sicher umsetzen zu können.
Targets sind Hilfsmittel
Targets werden in der Regel eingesetzt, um im Endeffekt wieder darauf verzichten zu können. Sie dienen also meistens als Hilfen bei dem Aufbau von einem Verhalten, bis dieses auf das gewünschte Signal hin gezeigt wird, und werden dann kleinschrittig wieder abgebaut. Über sehr viele Jahre habe ich mir im Training immer gewünscht, Targets zu haben, die ich schnell verkleinern kann, und dazu einen Stick, den man gut aufstellen kann. Im vergangenen Jahr habe ich mein „Traum“-Target selbst herstellen lassen und bin nun wunschlos glücklich, da es so variabel einsetzbar ist, dass man nun flexibler denn je mit Targets trainieren kann.
Das Target am Boden sagt dem Hund, wo er wie stehen soll.Das Target für die Fußpositionen hilft beispielsweise dabei, die exakte Position der Vorderläufe zu finden, damit der Hund diese im Laufe unserer Trainingseinheiten immer selbstständiger einnehmen kann. Das Bodentarget wird dann langsam kleiner, bis der Hund das Verhalten so gut beherrscht, dass er keine Hilfe mehr benötigt.
Targets fördern gutes Timing bei Mensch und Hund
Neben einer guten Motivation spielt es jetzt im Training vor allem eine Rolle, wie gut unser Timing ist, um unseren Hund immer im richtigen Moment mitzuteilen, wann sein Verhalten korrekt ist.
„Du kriegst, was du clickst!“, ein Zitat von Viviane Theby, was sich im Training jeden Tag aufs Neue bewahrheitet und zu einer meiner liebsten „Redewendungen“ geworden ist.
Was beim Target-Training wunderbar zu beobachten ist, ist, dass unsere Hunde durch die freiwillige Bereitschaft zur Mitarbeit meist einen ganz neuen Ehrgeiz beim Arbeiten entwickeln. Sie wollen ihr Verhalten exakt und richtig umsetzen, was sich auch sehr positiv auf die Motivation in der Mitarbeit auswirkt. Das für das Target-Training nötige selbstständige Denken des Hundes fördert außerdem eine gute Konzentration im Training. Targets finden dadurch im Hundetraining immer mehr Einsatzbereiche.
Nicht nur um in sportlichen Übungen, wie dem Voranschicken im Obedience, dem Berühren von Kontaktzonen im Agility oder dem richtigen Abbiegen von Schlittenhunden, können uns Targets als Hilfe viel kostbare Trainingszeit sparen. Auch als Grundlage für den Alltag bieten sie einem so viel mehr, denn fast jedes Verhalten ist mit Hilfe von Targets leichter erklärt. Für mich persönlich gehören Targets deshalb zu den wichtigsten „Basics“ in jeder Form des Trainings.
Hat unser Hund das Positioneinnehmen und Stehenbleiben auf dem Vorderläufe-Target verstanden, können wir viele Verhalten schon so viel leichter aufbauen. Ganz gleich, ob es das Warten, das Erlernen einer Position am Bein, Fahrrad oder sogar Pferd, das Schicken zu einem bestimmten Ort (Körbchen, Kofferraum, Tür) oder das Umsetzen eines Signals aus der Entfernung ist, das Target hilft unserem Hund beim Aufbau und gibt ihm viel Sicherheit bei der Umsetzung eines neuen Verhaltens.
So lernt der Hund das Bodentarget
Zunächst sollten wir uns auch hier Gedanken machen, welches Verhalten unser Hund zeigen soll, wenn er das Signal für sein Bodentarget bekommt.
Aus meiner Erfahrung ist das Stehen die sinnvollste Ausgangsposition für späteres Verhalten, weshalb ich das Stehenbleiben mit den Vorderläufen auf dem Bodentarget bevorzugt trainiere.
Der Hund soll also lernen, sich mit beiden Vorderpfoten auf das Bodentarget zu stellen und dort stehen zu bleiben, bis wir das Signal auflösen oder ihm ein Neues geben.
Zu Beginn arbeite ich dafür immer mit leicht erhöhten Bodentargets, da den Hunden dann etwas bewusster ist, auf einem Gegenstand zu stehen, als wenn sich von Beginn an nur der „Bodenbelag“ für sie unterscheidet. Da die Hunde das Verhalten später selbstständig und ohne unsere Körperhilfen verstehen sollen, sollten wir von Beginn an bemüht sein, unserem Hund immer nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich mit unserer Körpersprache zu helfen.
Schritt 1: Der Hund lernt, das Target zu betreten
Als Erstes bringe ich den Hund mit Hilfe von Futter in eine gute Startposition. Wenn das Target zwischen mir und dem Hund liegt, sind die Chancen am besten, dass mein Hund im Auf-mich-zu-Laufen auf das Bodentarget tritt. In diesem Moment teile ich meinem Hund mit, dass genau dieses Verhalten richtig ist, im Anschluss bekommt er seine Belohnung in der Position mit den Vorderpfoten auf dem Target.
Um die Position besonders hervorzuheben, belohne ich hier immer erst mal in Sequenzen von 3-8 aufeinander folgenden Belohnungen, anfangs in einem sehr engen Zeitfenster. Das heißt, dass der Hund seine Belohnungen in sehr kurzen Abständen erhält, die erst mit zunehmender Erfahrung langsam größer werden, um das Zeitfenster dann immer weiter auszubauen.
Schritt 2: Der Hund lernt, auf dem Target zu bleiben, während ich mich bewege
Während der Hund stehen bleibt, kann sich der Halter bewegen.
Sobald wir ein Zeitfenster von 3-5 Sekunden erarbeitet haben, fange ich sehr kleinschrittig an, mich zu bewegen: erst die Arme, dann die Beine, dann fange ich auch an, mich kleinschrittig zu entfernen, um meinem Hund zu erklären, dass es, ganz gleich, was ich tue, für ihn immer richtig ist, am Target stehen zu bleiben. Hat er dies gut verstanden, muss er nur noch lernen, dass Target auch selbstständig anzulaufen.
Schritt 3: Ein Signal wird eingeführt
Durch die erste Startposition hat mein Hund nun bereits verstanden, beim Auf-mich-zu-Gehen das Target anzulaufen, sobald ich mir sicher bin, dass mein Hund das gewünschte Verhalten zeigt, beginne ich, ein Signal dafür einzuführen.
Das Signal hört mein Hund nun immer kurz vor dem Target von mir. Sobald er in der gewünschten Position angekommen ist, verstärke ich diesen Moment wieder mit meinem Marker („Richtig“-Signal) und belohne wie gehabt in einer kleinen Sequenz in der gewünschten Position.
Schritt 4: Zum Target gehen, egal wo es liegt
Jetzt beginne ich die Startposition des Hundes langsam zu verändern, um ihm beizubringen, das Target aus allen Richtungen einzunehmen, bis er den Weg zum Target auch dann noch findet, wenn er vorher an mir vorbeigehen muss.
Schritt 5: Aufbau von Distanz
Hat mein Hund auch das gut verstanden, beginne ich nun im letzten Schritt, meine Distanz bei dieser Übung zu verändern. Ich fange an, mich in 10-cm-Schritten vom Target zu entfernen, immer wenn mein Hund das Target weiterhin zuverlässig anläuft, gehe ich 10 cm weiter weg, immer wenn er zögerlich oder unsicher wird, mache ich es wieder leichter und gehe wieder etwas dichter an das Bodentarget. So kann ich mir nun Schritt für Schritt meine gewünschte Entfernung für das Target-Signal aufbauen.
Ruhe am Target
Im Training nicht nur auf eine technisch korrekte Ausführung zu achten, sondern auch mit einem möglichst optimalen Erregungslevel unseres Hundes zu arbeiten, ist für mich besonders bei dem Aufbau von Target-Signalen sehr wichtig. Damit meine ich, dass der Hund nicht nur die technische Umsetzung versteht (in diesem Fall die Vorderläufe auf das Target stellen und stehen bleiben), sondern wir auch darauf achten sollten, dies in einer möglichst optimalen Stimmungslage aufzubauen. So lässt sich mit dem Target später auch gleich die gewünschte Stimmungslage in die neuen Positionen und Verhalten übertragen, was wieder enorm viel Trainingszeit sparen kann. Hat mein Hund verstanden, dass es am Target immer richtig ist, ruhig und konzentriert zu stehen, kann er so auch in seiner ersten Fußposition lernen, von Beginn an ruhig und entspannt zu bleiben.
Ganz besonders kommt der Faktor Stimmung beim Target-Training aber dann ins Spiel, wenn wir Dinge erarbeiten möchten, die unserem Hund per se erst mal unangenehm sind, wie beispielsweise das Bürsten oder Duschen. Hierbei ist es besonders wichtig, dass wir das Vertrauen unserer Tiere erarbeiten, was durch die Kooperationsbereitschaft im selbstständigen Lernen ohne Druck fast schon ein Selbstgänger ist. Wichtig dafür ist nur, dass es im Training keine negativen Feedbacks für den Hund gibt. Sollte er ein Verhalten nicht geschafft haben und verlässt beispielsweise die Position, sollten wir unseren Hund nicht spüren lassen, das etwas falsch war, sondern einfach noch mal einen Schritt zurückgehen, unsere Ansprüche wieder anpassen und dann, wenn der Hund das Verhalten wieder sicher und ohne zu zögern umsetzt, erst wieder den nächsten Schritt ausprobieren.
Der Hund lernt Kooperation
Aus dieser gemeinsamen Kommunikation entsteht meist eine ganz neue Kooperationsbereitschaft unseres Hundes und er wird selbst immer ehrgeiziger, sein Verhalten noch länger und besser zu zeigen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Duschen bei meinem Rüden Ayden. Wasser findet er zwar nicht großartig, das Duschen lässt er sich aber freiwillig gefallen, weil er es schaffen möchte, stehen zu bleiben und für das richtige Verhalten seine Belohnung zu erhalten. Er könnte gehen, tut es aber nicht, weil es ihm wichtiger ist, das Verhalten zu zeigen, was ihm einen Erfolg verspricht. Genau diese freiwillige Bereitschaft zur Mitarbeit und das gegenseitige Verständnis, was damit einhergeht, machen das Target-Training so wertvoll.
Targettraining macht Spaß und steigert das Selbstbewusstsein
Es macht den Hunden einfach immer Spaß und dadurch können wir ihr Selbstbewusstsein optimal fördern. Für ängstliche Hunde bietet sich diese Form des Trainings also besonders gut an, um sie sicherer und aufgeschlossener werden zu lassen, nervöse oder impulsive Hunde hingegen lernen sehr schnell, sich besser zu konzentrieren, und werden ruhiger im Arbeiten.
Neben vielen nützlichen Alltagsthemen und sportlichen Aktionen, die man damit verfeinern kann, ist das Target-Training auch bekannt aus dem Bereich Tricktraining und Turnen, denn man kann wohl definitiv sagen, je kreativer und filigraner die Verhalten werden, die unsere Hunde erlernen sollen, desto einfacher wird es mit der Hilfe von Targets.
