Die Coaching-Trap: Ein Phänomen aus dem Sport in der Hundeschule?
Die Coaching-Trap beschreibt ein Phänomen aus dem Leistungs- und Spitzensport, bei der man nach einem Wettkampf-Erfolg falsche Schlüsse auf das Training zieht. Doch was hat die Coaching-Trap mit Hundetraining zu tun? In Teil 1 der 2-teiligen Reihe zieht Dr. Sebastian Altfeld Querverbindungen vom Sport zum Hundetraining und gibt erste Hinweise, wie man der Coaching-Trap (Trap = Falle) entgehen und so das eigene Training verbessern kann.
Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Eine Mannschaft oder ein:e Sportler:in gewinnt nach einer langen, anstrengenden Saison einen Titel. Alle freuen sich, gratulieren allen Beteiligten – auch dem oder der Trainer:in, welche:r diesen Erfolg offensichtlich doch erst möglich gemacht hat. Aber wie es im Sport so ist: Nach der Meisterschaft ist vor der neuen Saison. Also gehen die Planungen los. Und die:der Trainer:in beginnt mit der Vorbereitung inklusive den Methoden, die offensichtlich letztes Jahr den Erfolg gebracht haben. Ähnliche Trainings- und Taktikinhalte, gleiche Ansprachen und Regeln für die Athlet:innen. Aber irgendwie klappt in der neuen Saison alles nicht so wie in der davor. Die ersten Wettkämpfe gehen schief und die Leistung bleibt weit unter den Erwartungen. Was ist passiert? Scheinbar haben die Athlet:innen es nicht hinbekommen, die Vorgaben so umzusetzen, wie es für einen Erfolg nötig gewesen wäre …
Diese sehr vereinfachte Darstellung beschreibt ein verbreitetes Phänomen im Sport. Nach einem erfolgreichen Ergebnis wird versucht, die verwendete Methodik ähnlich zu wiederholen. Was funktioniert, wird doch wieder funktionieren, oder? Denn manchmal wird ein wichtiger Schritt nach einem Erfolg vergessen – eine kritische Analyse und Reflexion der eigenen Methode. Und hier greift die Coaching-Trap. Bei Erfolg nehmen Menschen mitunter automatisch an, dass die verwendete Methodik erfolgreich war. Und wie Sie es vermutlich schon erkannt haben, wirkt hier auch bei uns Menschen der Mechanismus der operanten Konditionierung in Form der positiven Verstärkung. Folglich bleibt eben diese kritische Analyse und Reflexion der eigenen Methode aus. Sie waren doch schließlich erfolgreich. War die Mannschaft oder der:die Athlet:in aber erfolgreich wegen dem:r Trainer:in oder trotz dessen? Waren es die Methoden und Haltungen, die zum Erfolg beigetragen haben oder gab es andere Dinge, die vielleicht sogar bremsendes Trainer:innen-Verhalten kompensiert haben? So könnte die harte und aggressive Art des:der Trainer:in, die bei einem anderen Team vielleicht schädlich gewesen wäre, durch die aktuellen Spieler:innen zielführend ausgeblendet werden, da die:der Kapitän:in die Mannschaft immer wieder neu auf das Ziel einschwören konnte, Konflikte moderierte und einen Puffer zum:r Trainer:in bildete. Nur kann ein positiver Outcome leider dazu führen, dass Beteiligte unreflektiert annehmen, dass die verwendeten Methoden genau richtig waren und so fortgeführt werden sollten. Die Coaching-Trap hat zugeschnappt. Das Problem: Zukünftige Misserfolge könnten dazu führen, dass diese eher auf externe Dinge geschoben werden, statt die eigene Methode zu hinterfragen. Die war doch schließlich schon einmal erfolgreich.
Wie ist dies bei Ihnen als Hundetrainer:in? Könnte es hier auch eine Coaching-Trap geben? Welche Faktoren haben denn Einfluss darauf, dass ein gewünschtes Verhalten beim Hund einsetzt? Gibt es Faktoren außer dem Vorgehen der Hundetrainer:in? Und könnte sich eine Verhaltensveränderung einstellen, obwohl der verwendete Trainingsweg vielleicht nicht zielführend ist? Ich denke, dass diese Fragen wertvoll sind. Denn sie regen an, das eigene Handeln zu reflektieren, zu überlegen, wie man das eigene Wirken objektiv prüfen könnte und so weiter in seinen Kompetenzen wachsen kann. Ähnlich wie im Leistungssport. Hier gilt, auch bei Erfolg die eigenen Methoden zu hinterfragen und ergebnisunabhängige Faktoren zur Beurteilung der Trainer:innen-Leistung zu Rate zu ziehen.
Deswegen sollten sich Trainer:innen aus beiden Lebenswelten im Vorfeld überlegen: Welche Kriterien machen meine Arbeit aus? Ist es nur der Outcome oder kann ich andere Faktoren im Vorfeld definieren? Kann ich mir Feedback einholen, das meine Arbeit bewertet? Wer kann mir hier Feedback geben? Wie nimmt der:die Besitzer:in meine Arbeit wahr? Kann mir dieses Feedback einen Hinweis zu meiner Arbeitseffektivität geben? So könnten, nach einer Anzahl an Einheiten, kurze Evaluationsbögen wertvolle Beiträge zu meiner Analyse liefern und blinde Flecken aufdecken. Mache ich mir nach Einheiten Notizen zum Vorgehen? Ein kurzer, vorgefertigter Reflexionsbogen mit kurzen Fragen kann mir hier die Analyse erleichtern und prüfen helfen, ob ich die Dinge, die ich mir vorgenommen habe, auch wirklich umgesetzt habe. Filme ich mich selbst, um meine Außenwirkung und die daraus resultierende Reaktion anderer am Bildschirm nochmals prüfen zu können? Alles Dinge, die Teil des Coach-the-Coach-Prozesses im Sport sind. Und vielleicht eine Anregung für Sie als Hundetrainer:in. Denn vielleicht stellen Sie dann auch fest, dass Ihre Arbeitsleistung verpufft, weil der:die Hundehalter:in Ihre Arbeit nur unzureichend unterstützt. Dies wäre eine wertvolle Erkenntnis, denn dann wissen Sie, wo sie ansetzen müssen, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Und wie Sie dann vorgehen, um das gewünschte Verhalten beim Gegenüber zu erreichen, wird in einem Artikel im Oktober aufgegriffen. Freuen Sie sich gerne darauf.