Der Familienhund - Das Kundenmagazin der BHV-Hundeschulen

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  • „Der will dich doch nur testen“ - Ein Blick hinter die Kulissen von Rangordnung und Rudelmentalität

„Der will dich doch nur testen“ - Ein Blick hinter die Kulissen von Rangordnung und Rudelmentalität

erschienen am 22. April 2024
Foto: Reddogs - Adobe Stock
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Landläufig herrscht unter vielen Hundebesitzer/-innen noch immer die Meinung, dass Hunde „ihre Grenzen austesten“ oder „in der Rangordnung nach oben steigen wollen“, wenn sie in die Pubertät kommen. Was es mit diesen Annahmen auf sich hat und woher diese kommen, erläutert Dr. Katrin Hagmann.

Junge Hunde kommen mit ca. 5-6 Monaten in die Pubertät. Bis zum emotionalen Erwachsenwerden mit ca. 2 Jahren spricht man von Adoleszenz (von lat. adolescere = heranwachsen). Dies ist an deutlich verändertem Verhalten des Hundes zu merken. So befolgt der bisher eigentlich schon gut erzogene Junghund auf einmal die einfachsten, bereits gelernten Signale des Menschen nicht mehr, er lässt sich viel leichter ablenken und wirkt allgemein sehr unkonzentriert. 

Es kann auch sein, dass er plötzlich vergessen hat, dass Schuhe kein Kauspielzeug sind. Nicht selten heißt es dann: „Der will dich testen“, mit den dazugehörigen Ratschlägen wie: „Jetzt musst du dich aber durchsetzen, zeigen, wer der Rudelchef ist, sonst tanzt dir der Hund irgendwann auf der Nase herum“. 

Die Vorstellung, dass Hunde in der Pubertät und Adoleszenz den Menschen „testen“ oder „anfragen“, stammt zweifelsohne von der veralteten Ansicht, dass Hunde eine gewisse „Rudelmentalität“ besäßen und dass sie in jenem Alter versuchen würden, die Rangordnungsleiter nach oben zu steigen, um der Chef im „Mensch-Hunde-Rudel“ zu werden. Leider vermenschlichen diese Sätze das Hundeverhalten und verstellen den Blick. 

Der wissenschaftliche Aspekt: Rangordnung und Rudel waren gestern

Früher ging man davon aus, dass in Wolfsrudeln eine strenge Hierarchie existiert, in der der so genannte „Alphawolf“ das Rudel beherrscht. Der „Alpha“ ist dabei der körperlich stärkste Wolf, der sich am besten durchsetzen kann. Alle anderen Tiere ordnen sich dem Rudelchef unter.

Durch diese Annahme entstand die so genannte Dominanztheorie. Befürworter dieser Theorie gehen davon aus, dass sich Hunde ebenso nach dieser Dominanztheorie verhalten und eine stark verwurzelte „Rudelmentalität“ besäßen. Die Menschenfamilie stellt in dieser Vorstellung hierbei den Rudelersatz für den Hund dar. Aber woher kommt dieses Denken? In der Vergangenheit wurden Wölfe beobachtet, die in absolut unnatürlichen Lebensbedingungen in Gehegen lebten. Hier kam es sehr häufig zu aggressiven Auseinandersetzungen. Die daraus entstehenden Kämpfe unter den oft fremden, nicht miteinander verwandten Tieren wurden dann fälschlicherweise als Kampf um eine streng hierarchische Rangordnung angesehen. Wissenschaftler heutzutage wissen, dass die dort beobachteten „Rangordnungen“ allerdings nur ein Ergebnis dieser künstlichen Situation waren und nicht dem natürlichen Verhalten von Wölfen im Freiland entsprechen.

Die wissenschaftlichen Wolfsbeobachtungen der letzten Jahrzehnte im Freiland und im natürlichen Lebensumfeld der Tiere ergeben ein ganz anderes Bild davon, wie sich Wölfe normalerweise verhalten. 

Das Wolfsrudel: Mythos und Realität

Ein Wolfsrudel besteht natürlicherweise aus einer Familie, den Elterntieren plus Nachkommen. Die Jungtiere des Vorjahres bleiben bis zur Geschlechtsreife bei den Eltern und helfen bei der Aufzucht der aktuellen Welpen mit. Mit ca. 2 Jahren wandern sie ab, um ein eigenes Rudel zu gründen. 

Bei Wölfen gibt es einen engen Zusammenhalt zwischen den Familienmitgliedern, der durch viele soziopositive Gesten gestärkt wird. Kämpfe um die Rangordnung oder die „Unterwerfung“ eines anderen Tieres kommen nicht vor. Vielmehr respektieren die Jungtiere des Wolfsrudels die Leittiere = Elterntiere des Rudels eben als Eltern. Man könnte deshalb ein Wolfsrudel von der Struktur eher mit einer Menschenfamilie vergleichen. So begrüßen die Jungtiere die Eltern mit sozialen Gesten, die von Hundefachleuten immer noch als „aktive Unterwerfung“ (submissiv-affiliativ) bezeichnet werden. Diese Gesten werden dabei aber freiwillig gezeigt und werden keineswegs von den Elterntieren eingefordert. Wissenschaftler argumentieren deshalb, dass die Bezeichnung dieses Verhaltens als „submissiv-affiliativ“ (=„unterwürfig“) im Rahmen der früheren Wolfsforschung hier falsch interpretiert wurde (Bradshaw et al. 2016). Die Beobachtung dieser Gesten fand in einem unnatürlichen Umfeld statt, weswegen sie zu falschen Schlüssen führte. Biologen beobachten normalerweise zunächst Verhalten in natürlichen Umgebungen, bevor sie eine Interpretation wagen. Die Gesten, die häufig Jungtiere freiwillig gegenüber Erwachsenen zeigen, werden von modernen Freiland-Wolfsforschern deshalb als „affiliativ behaviour“ bezeichnet – als „Zugehörigkeitsverhalten“ –, die den Wunsch nach Kontakt signalisieren und die nichts mit „Unterwürfigkeit“ zu tun haben.

Der Mensch als Rudel?

Ein weiterer Fallstrick: Oft wird argumentiert, Menschen und Hunde würden so etwas wie ein Rudel darstellen und in der Vergangenheit wurde der Begriff „Rudel“ synonym mit Rangordnung gesehen. Hier weicht aber die allgemein verbreitete Vorstellung, von dem was ein Rudel darstellt, explizit von dem ab, was Wissenschaftler unter dem Begriff Rudel verstehen, und davon, wie ein Wolfs-Rudel organisiert ist. Ein Rudel besteht per Definition aus verwandten Tieren derselben Art, und es ist nicht korrekt, imaginäres Rudelverhalten auf die Beziehung zwischen Mensch und Hund zu übertragen (vgl. „Hundeverstand“ von John Bradshaw).

Ein weiteres Argument gegen die „Rudelmentalität“ bei Haushunden ergibt sich aus ihrem Domestikationsprozess. Durch diesen Prozess hat sich die Sozialstruktur der Hunde stark verändert. Im Gegensatz zum Wolfsrudel jagen frei lebende Hunde keine großen Tiere mehr und ihre Lebensweise lässt biologisch gesehen keine Notwendigkeit für das Leben in Rudeln zu. Frei lebende Hunde und auch Haushunde haben ein völlig anderes Lebensumfeld, eine andere ökologische Nische, wie dies Biologen nennen, und bilden demnach keine Rudelstrukturen. 

Manche Hundetrainer/-innen bauen auf diesen überholten Ansichten von angeblichen Rudelhierarchien, in denen unsere Haushunde leben müssten, immer noch ihr Trainingskonzept auf. Viele Ratschläge, die Hundebesitzer/-innen gerade mit Hunden in der Adoleszenz gegeben werden, basieren auf diesen veralteten Ansichten. Tatsächlich sind jedoch andere Ursachen für das veränderte Verhalten unserer Haushunde in dieser Phase verantwortlich, nämlich körperliche Veränderungen wie umfangreiche Umbauprozesse im Gehirn und damit verbundene hormonelle Veränderungen. Zudem werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet und die Emotionalität ändert sich. Dies führt u.a. dazu, dass der Hund sensibler und schneller auf alle möglichen Reize reagiert. Er wird reaktiver und schreckhafter und allgemein stressanfälliger. Und damit sind auch die leichte Ablenkbarkeit, das Nichtbefolgen von Signalen, eine gesteigerte Neigung zu aggressivem Verhalten und auch der Drang, vermehrt selbstbelohnende Verhaltensweisen wie z. B. Hetzen, zu zeigen, erklärbar. 

Fazit 

Die Verhaltensänderungen in der Adoleszenz lassen sich durch Umbau- und Entwicklungsprozesse erklären. Es ist wenig hilfreich, auf vermenschlichende Deutungen wie „Aufmüpfigkeit“ oder „Rangordnungstestphase“ zurückzugreifen und veraltete Erziehungsmethoden einzusetzen. Dies kann zu Vertrauensverlust führen. Stattdessen benötigen Hunde in dieser Phase Empathie und ein einfühlsames Management, insbesondere um zu verhindern, dass der Junghund falsche Verhaltensweisen erlernt. Durch Investition in Einfühlungsvermögen werden wir mit einer bereichernden Beziehung zu unserem Hund belohnt, die Spaß und Lebensqualität schafft.

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Dr. Katrin Hagmann
Foto: privat

Zur Person

Dr. Katrin Hagmann ist seit 1998 Mitglied im BHV und seit 2000 Prüferin sowie seit 2013 Prüferobfrau für den BHV Hundeführerschein. Sie ist promovierte Biologin, zertifizierte Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin IHK/BHV und setzt ihr wissenschaftliches Fachwissen, verbunden mit langjähriger Praxiserfahrung, als Fachbuchautorin und Dozentin sowie Prüferin, insbesondere im Fortbildungslehrgang „Hundeerzieher/-in und Verhaltensberater/-in IHK“ ein. Dr. Katrin Hagmann ist Inhaberin der Hundeschule „DOGMIND“ in der Nähe von Köln. Stets an ihrer Seite ist ihr Tervueren Kenzo.

Kontakt

www.dogmind.de

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BHV
Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen e.V.
Alt Langenhain 22
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